Am 18. Mai 2023 hat der UNESCO-Exekutivrat Dokumente zur Geschichte der Hanse in das internationale Register zum Weltdokumentenerbe "Memory of the World" (MoW) aufgenommen. Darunter befinden sich auch zwei Stücke aus dem Staatsarchiv Bremen. Sie wurden mit 15 weiteren Dokumente aus den Hansestädten Lübeck, Hamburg, Braunschweig und Köln sowie aus Belgien, Dänemark, Estland, Lettland und Polen in das Register aufgenommen.
Zum UNESCO-Weltdokumentenerbe erklärt wurden einzigartige Aufzeichnungen. Allen voran drei Bände mit Hanserezessen, den Beschlussfassungen der Hansetage – darunter die älteste Rezesshandschrift des Bremer Rats (1389-1517). Hinzu kamen unter anderem Handelsverträge wie der zwischen Bremen, den Hansestädten und dem Königreich Norwegen von 1294.
Die Dokumente stehen exemplarisch für die Geschichte der Hanse, die über Jahrhunderte den Handel und Wandel zwischen Flandern und dem Baltikum prägte und auch kulturell ein verbindendes Band in einem sprachlichen Großraum schuf. Das Netzwerk von niederdeutsch sprechenden Fernhändlern und Ratsherren förderte den Austausch von Waren und Ideen und verband im vornationalen Europa Menschen von Brügge bis Reval.
Das mehrjährige Antragsverfahren wurde unter Federführung des Archivs der Hansestadt Lübeck mit Fachleuten und UNESCO-Kommissionen aus dem In- und Ausland durchgeführt. Begleitet wurde der internationale Antrag vom Leiter des Staatsarchivs Bremen, Prof. Dr. Konrad Elmshäuser, als persönlichem Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission (DUK) und stellvertretendem Vorsitzenden des deutschen MoW-Nominierungskomitees. Dass die beteiligten Archive sich nun über eine Welterbe-Eintragung freuen können, freut ihn außerordentlich: "Das ist das Ergebnis einer internationalen Kooperation in Kultur und Wissenschaft. Und es ist großartig, dass Bremen nun auch mit MoW-Dokumenten Mitglied der Welterbe-Gemeinschaft ist."
Daher will das Staatsarchiv Bremen die Gunst der Stunde nutzen und Bremerinnen und Bremern sowie allen Besucherinnen und Besuchern der Stadt am internationalen Welterbetag den Zugang zu den Originalen der beiden Bremer Welterbedokumente im Welterbe Rathaus ermöglichen.
Die beiden wertvollen Stücke werden am Sonntag, dem 4. Juni 2023, von 11 bis 18 Uhr einmalig in der Unteren Halle des Rathauses ausgestellt. Dort bietet die Ausstellung "Rathaus – Geschichte – Welterbe" die perfekte Umgebung für Informationen zum MoW-Programm und zu den Hansedokumenten. Staatsarchiv, Landesdenkmalpflege, Landesarchäologie und Focke-Museum informieren dort im Rahmen der Bremer Welterbetage über das Welterbe Rathaus und Roland. Mehr dazu hier auf der Website.
"Das ist eine großartige Gelegenheit, das junge Bremer Weltdokumentenerbe der Öffentlichkeit vorzustellen", sagt Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte. "Seit 2004 gehören das Bremer Rathaus und der Roland zum Weltkulturerbe der UNESCO. Dass nun auch schriftliche Bremer Kulturgüter zum UNESCO-Welterbe zählen, unterstreicht den Reichtum und die Vielfalt unseres kulturellen Erbes. Ich freue mich, dass das Staatsarchiv Bremen seine Schätze nicht nur verwahrt, erforscht und digital teilt, sondern bei dieser Gelegenheit auch im Original zeigt."
Öffentliche Archive stellen frei zugängliche, authentische Quellen zur Verfügung. Vielfach sind sie die Grundlage für eine positive nationale und lokale Identitätsbildung. In einer offenen, vernetzten Informationsgesellschaft müssen sie jederzeit dem freien Meinungsaustausch und der Prüfung standhalten. Auch für diesen Ansatz steht das internationale UNESCO-Programm MoW. Wie das Kulturerbe verpflichtet auch das Dokumentenerbe zur aktiven Arbeit im Sinne der UNESCO.
Auch wenn die Bremer Welterbestücke im Original nur einen Tag lang öffentlich zu sehen sind, ist der Zugang zu ihnen jederzeit möglich: Sie stehen bereits jetzt in vollem Umfang digital im Internet. Das Staatsarchiv erfüllt damit eine Auflage der UNESCO. Elmshäuser: "Auch wenn die Dokumente Jahrhunderte alt sind – die Zukunft von Wissenschaft und Forschung ist digital."
Das internationale Register des UNESCO-Weltdokumentenerbes "Memory of the World" (MoW) umfasst derzeit 496 Einträge, darunter 28 aus Deutschland, so zum Beispiel Beethovens Neunte Symphonie, Grimms Märchen und die Himmelsscheibe von Nebra. Alle zwei Jahre kann jedes Land zwei Einträge vorschlagen. Internationale Gemeinschaftsnominierungen wie der Hanseantrag unterliegen keiner zahlenmäßigen Beschränkung.
Ein internationales Komitee (International Advisory Committee) spricht eine Empfehlung über die Aufnahme in das Weltregister aus, zur Entscheidung bedarf es der finalen Bestätigung durch den UNESCO-Exekutivrat in Paris. Das Programm zielt auf den Erhalt medialer Zeugnisse von außergewöhnlichem universellem Wert in Archiven, Bibliotheken und Sammlungen. Sie sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und das Bewusstsein für ihre Bedeutung geschärft werden.