Kurios erscheint heute das kreisrunde, kleine Zimmer, in das man vom Festsaal aus hineinschaut. Einst war es Kaiser Wilhelm II. gewidmet. An Wände unterhalb der Decke sind symbolisch die acht Kardinaltugenden dargestellt. Den gemalten Figuren sind die lateinischen Namen der Tugenden zugeordnet. Es sind die Sanftmut (Lenitas – Frau mit Lamm), die Gerechtigkeit (Justitia – Frau mit Schwert und Waage), die Bescheidenheit (Temperantia – Frau mit Wasser und Wein), der Fleiß (Diligentia – Frau mit Spindel) und die Darstellung der Fürsorge (Caritas – Frau mit Baby), die Frömmigkeit (Pietas – Frau in betender Haltung) und die weise Voraussicht oder Klugheit (Prudentia – Frau mit Spiegel und Schlange). Das einzige Bild, welches einen Mann zeigt, symbolisiert die Stärke (Fortitudo).
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Festsaal
Die Wände des Senatssaals schmücken acht goldgerahmte Porträts römisch-deutscher Kaiser. Wer sie malte, ist nicht bekannt – aber der Grund, aus dem der Rat die Bilder in Auftrag gegeben hat, ist eindeutig: Sie sollten politisch-symbolisch ein Bekenntnis Bremens zum römisch-deutschen Kaiser und zur eigenen Reichsfreiheit darstellen.
Die Bilder stammen aus zwei Serien. Die erste mit insgesamt 14 Bildnissen entstand vermutlich in der Zeit zwischen 1711 und 1730. Die zweite zählt fünf weitere Porträts, die frühestens nach der Krönung Franz II. im Jahr 1792 gemalt worden sein können. Die je einheitlichen Malweisen, Beschriftungen, rückseitigen Nummerierungen beider Serien lassen vermuten, dass die Bilder "en suite", also direkt nacheinander entstanden. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal ist der Lorbeerkranz, der die dargestellten Kaiser der erste Serie umgibt.
Die Porträtierten haben je ihre eigene und sehr unterschiedliche Bedeutung für die Stadtgeschichte. Während "CAROLUS MAGNUS" als Karl der Große vor allem im Nachhinein als der Kaiser an Bremens Wiege dargestellt wurde, ist z.B. bei dem Staufer Friedrich I. ("Rotbart") sehr konkreter Einfluss auf die bremischen politischen Verhältnisse nachweisbar. 1186 beurkundete er in Gelnhausen seine Entscheidung, dass in Bremen die Regierungsgewalt allein beim Kaiser und bei der Bürgerschaft liege und dass fortan auch in Bremen die Regel zur Anwendung gelangte, nach der Leibeigene als "frei" galten, wenn sie ein Jahr und einen Tag lag unbescholten in der Stadt gelebt hatten. Ihm am Fenster gegenüber hängt der Habsburger Karl V., der Bremen ebenfalls diverse Privilegien und Rechte gewährte, so 1541 das Münzrecht, die Gerichtsbarkeit und die Ausdehnung der Regentschaft des Rates auch im außerhalb der Befestigung gelegenen bremischen Landgebiet. Dazu wurden für die Stadt günstige Handelsbestimmungen ("Stapelrechte") garantiert und ebenso die wichtige Hoheit über die Unterweser.
Doch führte Bremen auch Krieg gegen Karl V. Die Stadt war Mitglied des Schmalkaldischen Bundes, in dem protestantische Mächte vereint gegen den katholischen Kaiser und dessen Verbündete kämpften. Der Bund verlor zwar den Krieg, aber Bremen konnte 1547 durch seine gute Befestigung einer kaiserlichen Belagerung standhalten. Darüber hinaus kämpften Soldaten der Stadt anschließend in der siegreichen Schlacht bei Drakenburg, in deren Folge sämtliche kaiserliche Truppen aus Norddeutschland abzogen. Während die Gesichter Karls des Großen und Friedrichs I. aus der ersten Serie reine Fantasieproduktionen darstellen, zeigen die Bilder von Karl V. an deutliche Ähnlichkeit mit weiteren Bildnissen der Zeit und sind nach Stichen oder anderen Vorlagen entstanden. Besonders realistische Züge trägt Franz II., der jüngste der Reihe und letzte Kaiser des alten Reichs. Als dieses dem militärischen Druck Napoleons 1806 nichts mehr entgegen setzen konnte und politisch zum völligen Stillstand gekommen war, legte er die Krone ab und nannte sich fortan als Franz I. "Kaiser von Österreich". Vier weitere der insgesamt 19 Bilder hängen im Galerieflur zum Kaminsaal – die übrigen sieben sind nicht gezeigt, darunter das Porträt des Habsburgers Ferdinand III. (1637–57), während dessen Regentschaft Bremen mit dem "Linzer Diplom" im Jahr 1646 die endgültige kaiserliche Anerkennung seiner Reichsfreiheit erlangte.
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Und so blieben die fünf vergoldeten Großbuchstaben "SENAT" unberührt. Doch faktisch prangten sie dort von 1933 bis 1945 inhaltsleer und damit im Grunde wie zum Hohn der durch Jahrhunderte mühsam verteidigten bremischen Freiheiten. Was für jede einzelne religiös oder politisch verfolgte Person galt, das galt auch für jedes Gemeinwesen vom Dorf bis zum besetzten
europäischen Flächenstaat: im Zugriffsbereich des menschenverachtenden NS - Systems und seinen millionenfach mordenden Vertretern gab es keinen sicheren Ort.">Senatssaal
Bevor Salzmann mit seinem Kamin-Entwurf der "Obergerichtsstube" ein repräsentatives Highlight gab, hatte in dem Raum bereits ein anderer Ofen gestanden. Mit ihm war an kalten Tagen mit der "Neuen Wittheitsstube" ein Raum von historisch hoher Bedeutung erwärmt worden. Im Mittelalter waren die Bremer Bürgermeister und Ratsherren nicht gleichzeitig im Amt, sondern sie wechselten im Turnus. Es gab zwei und zeitweise auch drei verschiedene "Regierungsteams". In besonders schwerwiegenden Fragen beriet sich der Rat gemeinsam mit den Mitgliedern, die gerade nicht im Amt ("im Eid") waren, und zum Teil kamen auch weitere Bürger dazu. Dies Gremium tagte dann als "de Wittheit", was hochdeutsch als "die Weisheit" (= Klugheit) zu übersetzen ist. Schon früh hatte es eine "Wittheitsstube" in einem nordseitigen Anbau des Alten Rathauses gegeben. Als dieser Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals verändert und erweitert wurde, nahm er auch die "Neue Wittheitsstube" auf. Sie lag rückwärtig im Bereich der nordöstlichen Seite der Oberen Halle.
Dort, wo zuvor die ältere Wittheitsstube gelegen hatte, war fortan mit der "Rhederkammer" die Stelle untergebracht, an der die öffentlichen Finanzen der Stadt verwaltet wurden. Viele Generationen später wurde 1819 das "Stadthaus" am Domshof errichtet (wo heute das Neue Rathaus steht) und in seinem Südflügel ein neuer "Senatssaal" eingerichtet. Und somit konnte aus der ehemaligen "Neuen Wittheitsstube" die "Obergerichtsstube" werden. Spätestens mit der Fertigstellung des neuen großen Bremer Gerichtsgebäudes an der Domsheide im Jahr 1895 war der Weg frei geworden zur Umnutzung der alten "Obergerichtsstube", sodass ihre Neugestaltung in Angriff genommen werden konnte.
Den Kamin entwarf Salzmann in historisierender Weser-Renaissance aus Obernkirchner Sandstein mit aufwendig gestaltetem Aufsatz an der Front. Von einem umlaufenden Gesims getrennt, befindet sich darunter eine Tafel. Rahmen und Buchstaben sind vergoldet, und der 1897 vermutlich eine historische Quelle zitierende mittelniederdeutscher Text nimmt Bezug auf die frühere Bestimmung des Ortes. Er richtete sich direkt an die Ratsmitglieder und lautet in heutigem Deutsch etwa: "Der Treue und der Weisheit sollst du dich zuneigen, damit du Gottes Hilfe gewinnen kannst. Und die Kraft deiner Klugheit soll das Beste für die (bremische) Gemeinschaft bewirken." Schon bei der Neugestaltung des Doms hatten Salzmanns Entwürfe an vielen Stellen historische Stücke harmonisch einbezogen, für den Kamin verbaute er 151 historische Fliesen. Woher die gemalten Einzelteile stammen, ist nicht überliefert. Es sind niederländische Stücke aus dem 18. Jahrhundert, deren Mehrzahl biblische Themen darstellen. Auch die auf das Jahr 1648 datierte Ofenplatte zeigt ein christliches Motiv. "Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter" ist im Neuen Testament nach Lukas (10, 25–37) überliefert und eine der bekanntesten biblischen Jesus-Erzählungen.
Ein heimeliges Feuer hat der wunderschöne Kamin aus französischem Marmor, der diesem Raum den Namen gab, noch nie gesehen. Das Schmuckstück, verziert mit Delfter Kacheln, ist reine Zierde. Doch auch ohne knisternde Flammen besticht dieser Raum durch seine elegante Ausstrahlung. Das warme, schwarzbraune Parkett, die dunkelrote Seidentapete, die weiße Stuckdecke und die festlichen Kristallleuchter sorgen für eine gediegene Atmosphäre, gerade recht für kleine Festlichkeiten und Empfänge.
Wirkungsvoll haben sich die alten Ölbilder von den roten Wandflächen ab. Auf ihnen sind Angehörige des Rates und ihre Familien aus dem 17. und 18. Jahrhundert verewigt. Gern nehmen die Gäste auf den hohen Sesseln Platz. Die Lehnen sind mit kunstvollen Lederarbeiten geschmückt, in der Mitte prangt das Wappen der Freien Hansestadt Bremen.