Im Mai 1405 wird auf dem Bremer Marktplatz der Grundstein für den Bau des Bremer Rathauses gelegt. Der Rat der Stadt braucht für seine Aufgaben ein eigenes Haus und einen respektablen Versammlungsort. Zugleich soll das Haus durch seine herausgehobene Lage jedem die gewachsene Bedeutung Bremens vor Augen führen. Und mehr noch: Ein eigenes Haus für den Rat der Stadt, gleich neben dem Sitz des Erzbischofs und in exakt der gleichen Größe, kann als Bekenntnis zum Reich und damit Unabhängigkeit der Stadt gegenüber dem kirchlichen Landesherrn verstanden werden . Das findet seinen Ausdruck in der Gestaltung der Fassade, insbesondere in den überlebensgroßen Figuren an der Südseite, die den Kaiser und seine sieben Kurfürsten darstellen.
Das Haus besteht zunächst aus zwei übereinander liegenden großen Hallen ( 41,5 x 15,8 m) mit streng gegliederter Fassade, spitzbogigen Fenstern und einem Wehrgang über den marktseitigen Arkaden. Die beiden fast identischen Schmalseiten mit den Portalen an Ost- und Westfront haben ihr mittelalterliches Aussehen bis heute bewahrt. Auch die Untere Halle, streng und klar gegliedert, ist in ihrem ursprünglichen Charakter nahezu unverändert geblieben. Der Raum ist in drei Längsschiffe geteilt. Zwei Reihen von 10 mächtigen, eichenen Stützpfeilern, auf denen die niedrige Decke ruht, geben der Halle eine karge Struktur. Sie zählt heute zu den bedeutenden Profanbauten der späten Gotik.
Zwei Jahrhunderte später entschließt sich der Rat zu einem Umbau der Fassade: Die eher schlichte Front genügt nicht mehr den Repräsentationszwecken. Lüder von Bentheim bekommt den Auftrag - und ihm gelingt ein großer Wurf. 1609 - 1612 entsteht im Stil der so genannten Weser-Renaissance eine der schönsten Rathausfassaden der Welt.
1608 werden die ersten Arbeiten aufgenommen. Der Mittelteil wird abgerissen, zuvor sind schon die Fenster verbreitert und eckig gefasst worden. An die Stelle des abgerissenen Fassadenteils wird ein mächtiger gläserner Erker gesetzt, gekrönt von einem flandrischen Giebel. Das Highlight freilich ist der wunderbare, überaus reichhaltige Fassadenschmuck - wahre Meisterwerke der Bildhauerkunst, die mit der Fülle ihrer Figuren und Reliefs, mit den Körpern, Köpfen, Engeln und Fabeltieren kaum in ihrer Gesamtheit zu erfassen sind. Eine Vielzahl von Szenen und Gestalten, deren Symbolgehalt nicht immer leicht zu entschlüsseln ist.
Siehe auch:
Lüder von Bentheim
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Neues Rathaus
Die Arkaden der Bremer Rathausfassade sind überreich geschmückt. Das Auge vermag die vielen Darstellungen auf den insgesamt elf Bögen kaum zu erfassen. Im folgendem wird das symbolträchtige Figurenprogramm detailliert beschrieben.
Über jedem Bogen findet sich rechts und links der so genannte "Zwickel", eine ebene, dreiseitig begrenzte Fläche - Platz genug für insgesamt 22 Frauenfiguren, sitzend oder liegend, viele sind nur teilweise bekleidet, manche sind hüllenlos. Jede Figur steht für eine bestimmte Geschichte oder stellt ein bestimmtes Symbol dar. Am meisten Sinn scheint die Betrachtung der Figuren von der Mitte beginnend hin zu den beiden Außenseiten zu machen. Sie verweisen auf Ziele und Tugenden des Staates in Verbindung mit den weltlichen und geistlichen Zielen, die jeder einzelne anstreben soll. Die Zwickel werden von Büsten, den "Hermen", unterbrochen, die auf Sockeln stehen.
Das Fries
Darüber liegt das Fries, geschmückt mit einander zugewandten Figuren. Die Friese, die sich außerhalb des "Mittelrisaltis" (in ganzer Höhe einer Gebäudefassade vorspringender Teil) befinden, stellen die verschiedenen Sternzeichen da. Die anderen zeigen in symbolischer Gestalt die Kardinaltugenden Glaube, Hoffnung und Liebe sowie Klugheit, Mäßigkeit, Stärke und Gerechtigkeit Zwischen den Zwickeln lassen sich Fruchtgehänge erkennen. Unter den Fenstern Güldenkammer sind vier Wappen platziert - es sind die Wappen der Bürgermeister aus der Zeit um 1612. Zwischen den Säulen erkennt man die vier Jahreszeiten als Figursymbole.
- Die Figurendarstellungen über den Arkadenbögen - beginnend an der Westseite
- Die vier Wappen der Bürgermeister
- Die vier Jahreszeiten
- Die Schlusssteine
Anmerkung:
Für die Darstellung wurde u.a. die ausführliche Ikonologie von Rolf Gramatzki "Das Rathaus Bremen", 1994 zu Grunde gelegt.
Der Bacchuskeller des Bremer Ratskellers wurde 1620 als Weinlager erbaut. 1926 wurde nach einer Lagerverlegung dieser Teil des Ratskellers zu einem Gastraum ausgebaut. Die Bezeichnung verdankt er dem Weinkönig Bacchus, dessen Figur aus der Barockzeit noch heute auf einem Fass ("Bacchusfass") in dem Gastraum zu finden ist.
Siehe auch:
Handel und Seefahrt haben die Hansestadt Bremen entscheidend geprägt:
Es waren Bremer Kaufleute, die hier im Schnittpunkt der wichtigsten Handelsstraßen vom Rhein zur Ostsee und von der Weser zur Nordsee die Geschicke dieser Stadt bestimmt haben. In diesem Zusammenhang steht der Aufstieg Bremens zu einer – wenn auch heimlichen – Wein- Metropole in Deutschland. Die einzigartige Bedeutung des Ratskellers ist ohne seine wechselhafte Geschichte, die sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, nicht zu verstehen.
Vom Weinkeller zum Ratskeller
Sein Name hat oft gewechselt, vom "Weinkeller" zum "Stadtweinkeller" und "Ratsweinkeller" bis hin zum "Ratskeller"; sein Ruhm, eines der ehrwürdigsten und besten deutschen Weinhandelshäuser zu sein, ist in den Jahrzehnten seines Bestehens ständig gewachsen. Heute beherbergt der Ratskeller sowohl den Ratskeller-Weinverkauf als auch einen gastronomischen Betrieb in den ehrwürdigen Hallen im Keller des Bremer Rathauses.
Prunkvolle, riesige alte Weinfässer mit üppigen Schnitzereien geben dem Hauptraum eine unverwechselbare Atmosphäre. Das älteste stammt aus dem Jahr 1723. Man sitzt an zünftigen, langen Holztischen, ordert "einen Schoppen" oder wählt aus der 60seitigen Weinkarte. Wer es intimer mag, lässt sich seinen Wein oder ein gutes Essen in einer der "Priölken" servieren - das sind kleine, halbrunde Zimmerchen, die um 1600 entstanden und einst mit Öfen gewärmt wurden.
Im sogenannten Hauff-Keller ließ sich der Dichter Wilhelm Hauff 1827 zu seiner bekannten Weinnovelle "Phantasien im Bremer Ratskeller" hinreißen. Diese haben, vermutlich unter Einfluss eines guten Tropfens, den Maler Max Slevogt zu den humorvollen Fresken angeregt, die noch heute hier die Wände schmücken. Der Hauffkeller wie auch der Bacchuskeller wurden 1620 zunächst als Weinlager gebaut, sind inzwischen aber für die Gäste geöffnet.
Mehr Informationen finden Sie auf folgenden Webseiten:
- Ratskeller Weinverkauf: https://www.ratskeller.de/
- Ratskeller Gastronomie: https://www.ratskeller-bremen.de/wir/">Ratskeller
Das prunkvolle Portal war ein Geschenk des braunschweig-lüneburgischen Herzogs Julius (1528–1589) an die Stadt Bremen und wurde 1578 im Rathaus eingebaut. Die drei Frauengestalten über dem Türgericht stellen die Rechtsordnung, den Sieg und die Gerechtigkeit dar (v.l.n.r.). Herzog Julius war Bremen auch durch Geldanleihen verbunden und erhielt einige Jahre später vom Rat der Stadt erneut umfangreich Kredit.
Der Name "Collektenkammer" deutet daraufhin, dass hinter dieser Tür die bremische Steuerverwaltung ihren Sitz hatte.
Siehe auch:
Schlüsselwappen-Rhederkammer-Portal
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Tafel-Portal
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Wittheitsstuben-Portal
Eines der bekanntesten Wahrzeichen der Hansestadt sind die Bremer Stadtmusikanten. 1819 schickten die Brüder Grimm vier Tiere auf die Reisen in die Hansestadt, die als Bremer Stadtmusikanten berühmt wurden.
Obwohl sie nie in Bremen ankamen, sondern auf ihrem Weg in die Hansestadt eine Räuberbande aus ihrem Haus vertrieben und dort blieben, erinnert eine Bronzestatue von Gerhard Marcks seit 1953 an das beliebte Märchen. Gemeinsam, mit Mut und festen Zusammenhalt das fast unmögliche schaffen, davon erzählt das Märchen der tierischen Freunde.
An der etwa 2 Meter hohen Bronzestaue, die an der westlichen Seite des Bremer Rathauses steht, versammeln sich täglich Besucher:innen aus aller Welt. Esel, Hund, Katze und Hahn zu berühren soll Glück bringen.
"Zieh lieber mit uns fort nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest du überall", lautet einer der berühmtesten Sätze aus dem Märchen. Bremen der Startpunkt für viele, die in die neue Welt auswandern wollten um dort ein besseres Leben zu führen und ihr Glück zu finden.
Heute steht das tierische Quartett für Bremen wie die Weser, der Dom, das Rathaus und der Hafen.
Der Erbauer dieses Brigg-Modells war der Bremerhavener Gerhard Wessels. Er hatte Jahre hindurch an seiner Brigg gearbeitet und ist nach Angabe der Spender des Schiffes am Tag der Fertigstellung mit Herzschlag verstorben. Das Modell mit massivem Rumpf gelangte über die mit Wessels verwandte Familie Klencke 1948 samt lebensechter Figuren an Bord ins Rathaus, aber erst im zweiten Versuch. 1940 war es dort als Geschenk noch abgelehnt worden, weil die Familie darauf bestand, ihren Namen durch einen Spenderhinweis verewigt zu sehen. Acht Jahre später war der Grund für die Abweisung offenbar nicht mehr im Blick der Rathausverwaltung. Die Klenckes bekamen ihren Willen, und das nach dem weiteren Familienmitglied "I.W.Wendt" benannte Brigg-Klotzmodell gelangte zur Aufstellung – mitsamt zweier wie folgt gravierter Schildchen:
"Erbauer: Gerhard Wessels, Bremerhaven/Stifter: Martin Klencke, Kappeln (Schlei)" und "Dem Andenken der Kapitäne Wendt u. Klencke gewidmet."
Das Besondere an dem Modell der Brigg ist neben der sehr prominenten Aufstellung der Vitrine in der unteren Wandelhalle die Ausstattung des Schiffdecks mit Figuren – somit bietet es gleich im Eingangsbereich des Neuen Rathauses auch einen unterhaltsamen Blickfang, der nicht nur bei jungen Besucher:innen sehr gut ankommt.
Am 11. Februar 1919 wählte die seit wenigen Wochen in Weimar bestehende Nationalversammlung den früheren Bremer Bürgerschaftsabgeordneten und SPD-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Ebert zu ihrem ersten Präsidenten. Er blieb bis zu seinem Tod am 28. Februar 1925 im Amt.
1952 beschloss der Senat, zu Ehren des Reichspräsidenten im Rathaus eine Bronzebüste aufzustellen. Bei der Enthüllung am 28. Februar 1953 wies Bürgermeister Wilhelm Kaisen im Beisein von Eberts Witwe darauf hin, dass Ebert 1919 an die Spitze eines ausgebluteten, wirtschaftlich vollkommen am Boden liegenden deutschen Staates gelangte und sich zäh dessen (Wieder-)Aufbau widmete. Kaisen konnte somit stimmig im noch immer von Trümmergrundstücken geprägten Bremen das Vorbildhafte Eberts und seiner Leistungen hervorheben. Er endete mit dem Wunsch, die Büste solle die Erinnerung wachrufen, dass "auch er ein Bremer Bürger war, der sich in Zeiten stürmischen Geschehens im höchsten Reichsamt bewährte und dessen Wahlspruch war: Einigkeit und Recht und Freiheit!"
Ebert wurde 1871 in Heidelberg geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater war Schneidermeister, er selbst erlernte das Sattlerhandwerk, ging damit ab 1889 "auf Wanderschaft" und wurde mit der sozialistischen Idee bekannt. An vielen Stationen seines Weges gründete Ebert Zweigstellen des Sattlerverbandes, engagierte sich für die Rechte der Arbeiter und gelangte so unter Beobachtung des Sozialistengesetzes (1890 aufgehobenen). 1891 ließ sich Ebert in Bremen nieder und setzte sein gewerkschaftliches Engagement fort. Nach einer Zeit als Redakteur und selbstständiger Handwerker führte er von 1894 an zusammen mit seiner Frau Louise die gepachtete Schankwirtschaft "Zur guten Hilfe". Mit ihrer Heirat im selben Jahr waren beide bremische Staatsangehörige geworden, aus ihrer Ehe gingen fünf Kinder hervor. 1899 wurde Ebert in die Bürgerschaft und zum SPD-Fraktionsvorsitzenden gewählt.
Auf einem 1904 von ihm in Bremen geleiteten Parteitag konnte sich Ebert, dessen Schwerpunkt die Sozialpolitik war, weiter profilieren. Im Jahr darauf zog die Familie nach Berlin, wo Ebert 1913 Mitvorsitzender der SPD und später Mitglied der letzten Regierung vor Einführung der Demokratie 1919 wurde.
Siehe auch:
Wandelhalle
Neben den Reichs- und Bundespräsidenten Ebert und Heuss darf der Bremer Karl Carstens nicht fehlen. Seine Bronzebüste schuf der Bildhauer Ernemann Sander 2003 nach einem Gipsabdruck seines eigenen Werkes.
Carstens kam 1914 unweit des Bürgerparks in der Fitgerstraße zur Welt und besuchte später das Alte Gymnasium. Nach Jurastudium, Referendariat, Promotion und Kriegsdienst bei der Flugabwehr arbeitete er von 1945 an als Anwalt in Bremen und wurde 1949 Berater des Senats und Bevollmächtigter beim Bund. 1954 wechselte er in den diplomatischen Dienst und wurde als Fachmann für Europafragen im Auswärtigen Amt 1960 zum Staatssekretär und Stellvertreter des Bundesaußenministers ernannt. Parallel dazu lehrte Carstens 1960–73 Staats- und Völkerrecht als ordentlicher Professor der Universität Köln. Seit 1972 gehörte Carstens der CDU-Fraktion des Bundestags an und hatte von 1973 bis zu seiner Wahl zum Bundestagspräsidenten 1976 deren Vorsitz inne. 1979 wurde Carstens fünfter Präsident der Bundesrepublik (bis 1982) und galt wegen seiner auch öffentlich praktizierten Wanderlust als volksnaher "Wanderpräsident".
Außer seiner Zeit als Bremens Bevollmächtigter beim Bund hatte Carstens 1945–47 als Berater und Mitarbeiter des Bremer Bürgermeisters und Justizsenators Theodor Spitta bei der Ausarbeitung der Bremer Verfassung mitgewirkt und Bürgermeister Kaisen 1950 in den USA bei den Verhandlungen zur Wiederzulassung des deutschen Schiffbaus unterstützt. Carstens verstarb 1992 und wurde auf dem Riensberger Friedhof beigesetzt.
Carstens war drei Jahrzehnte jünger als sein erster Vorgänger im Amt des Bundespräsidenten und 19 Jahre alt, als 1933 zu Beginn der NS-Zeit Theodor Heuss' Bücher öffentlich verbrannt wurden. Während der Ältere in der Diktatur kaltgestellt und zum Wegducken verdammt war, musste der Jüngere Studium und Kriegseinsatz im offenen Blickfeld der Zwangsideologie absolvieren. Wie genau er sich dabei zum NS-System verhielt, ist unterschiedlich bewertet worden.
1949 wurde Theodor Heuss zum ersten Präsidenten der Bundesrepublik gewählt und blieb es bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit 1959. Wenige Tage nach Heuss' Tod am 12. September 1963 beschloss der Senat, dem Verstorbenen im Bremer Rathaus dauerhaft ein ehrendes Andenken einzurichten. Die Wahl fiel 1965 auf diese von Gerhard Marcks geschaffene Bronzebüste.
Dass der Präsident bundesweit nicht ganz unbeliebt gewesen sein kann, davon zeugt allein sein volksmundlicher Name "Papa Heuss", und wenn er sich dem Land Bremen gegenüber als sehr zugeneigt zeigte, dann dürfte es vor allem an seiner freundschaftlichen Verbindung zu Bürgermeister Wilhelm Kaisen gelegen haben. Als einer der wenigen Ausnahmefälle von der traditionellen Regel, dass die "Stiftung Haus Seefahrt" Auswärtige je nur einmal zur Schaffermahlzeit lädt, war Heuss zweimal Ehrengast (1952 und 1955).
1884 im württembergischen Brackenheim geboren, studierte Heuss nach dem Abitur in Heilbronn in München und Berlin u.a. National-ökonomie (heute: Volkswirtschaftslehre), Philosophie und Kunstgeschichte. Schon als Schüler hatte er sich für die Lehre und Arbeit des Theologen und liberalen Politikers Friedrich Naumann (1860–1919) begeistert und engagierte sich später in vielen von dessen publizistischen, kulturellen und politischen Initiativen. Heuss war in den 1920er Jahren zumeist gleichzeitig als Reichstagsabgeordneter, Publizist, Journalist Ωund Verbandsfunktionär aktiv (Deutscher Werkbund, Schutzverband deutscher Schriftsteller). Seit 1930 bekämpfte er mit Reden, Vorträgen und Schriften den erstarkenden Nationalsozialismus und besonders dessen Anführer, Adolf Hitler. Als dieser 1933 an die Macht kam, musste Heuss fast alle Tätigkeiten aufgeben und konnte sich nur noch in Nischen und, wenn überhaupt, unkritisch der NS-Ideologie gegenüber äußern. Auch das sozial-politische und christliche Engagement seiner Frau Elly Heuss-Knapp (1881–1952) war in der NS-Zeit unmöglich. Sie hielt die Familie wirtschaftlich mit der Produktion von Werbetexten (und Radiospots sowie Jingles) über Wasser (u.a. für "Nivea" und Kaffee Hag mit der Marke "Kaba, der Plantagentrank").
Nach dem Ende der NS-Zeit erhielt Theodor Heuss von der US-Militärregierung die Lizenz für die "Rhein-Neckar-Zeitung" und engagierte sich zusammen mit seiner Frau erneut und sehr aktiv für liberale Politik (DVP/FDP). 1948 wurde er zu einem maßgeblichen Mitglied des Parlamentarischen Rats zur Ausarbeitung des Grundgesetzes und legte mit seiner Wahl zum Bundespräsidenten 1949 das Amt des FDP-Bundesvorsitzenden nieder.
Einige Wochen vor seiner Enthüllung am 25. November 1952 war dieses Bronzerelief zu Ehren eines der bedeutendsten deutschen Städteplaners, Architekten und Publizisten seiner Zeit noch einmal Thema einer Senatssitzung. Bürgermeister Kaisen meinte, es könne doch sehr stimmig in einem späteren Neubau der Bauverwaltung hängen. Doch dazu kam es nicht, und bis heute gibt es gute Gründe, dass das Relief zu Ehren des in Bremen geborenen Fritz Schumachers weiter im Rathaus hängt – zum Beispiel die Künstlerin: Clara Rilke-Westhoff (1878–1954) ist eine der wenigen Frauen, die zur künstlerischen Ausstattung des Rathauses beitrugen, denn zu ihren Lebzeiten war es fast nur Männern möglich, ihr Leben der Kunst widmen zu können. Neun Jahre jünger als der von ihr dargestellte Schumacher, ist sie wie dieser in Bremen geboren und anschließend zur Ausbildung nach München gegangen. Sie, um sich zur Malerin ausbilden zu lassen, und er für den Besuch der Technischen Hochschule. 1896 schloss Schumacher dort sein Architekturstudium ab. Er begann seine erste Anstellung im Münchener Büro seines frühen Förderers Gabriel von Seidl und wechselte dann ins Stadtbauamt nach Leipzig. 1901 wurde er Professor an der TU Dresden und wurde 1909 Baudirektor in Hamburg.
Nach ihrer Münchener Zeit hatte sich Clara Rilke-Westhoff zu einer der frühen deutschen Bildhauerinnen entwickelt und war Teil der Künstlerkolonie Worpswede geworden. 1919 siedelte sie gemeinsam mit ihrer Tochter nach Fischerhude über. Zu dieser Zeit galt Fritz Schumacher bereits als Koryphäe seines Fachs und stand vor einem dreijährigen Engagement der Stadt Köln. Von 1923 an wirkte er als Oberbaudirektor erneut in Hamburg, bis er 1933 von der NS-Verwaltung zwangsweise in den Ruhestand versetzt wurde. Schumachers Verbindung zu seiner Heimatstadt war nie abgerissen. Nach Gewinn eines Architektenwettbewerbs hatte er 1908 dort das monumentale (nicht mehr erhaltene) Franzius-Denkmal am Ende der Wachtstraße gebaut, aber im selben Jahr für den Bau des Neuen Rathauses das Nachsehen gegen seinen früheren Lehrer von Seidl. In den 1920er Jahren beriet Schumacher Bremen häufig in planerischen Fragen – seinen eigenen Aussagen nach meist als Verhinderer starker Eingriffe in die bestehende Stadtstruktur. So warnte er vehement vor einer Durchbruchstraße entlang der Bischofsnadel und stellte sich gegen übergroße Bauvorhaben in den Wallanlagen. 1947 verstarb Schumacher hochgeehrt in Hamburg.
Aus Anlass einer Städtebautagung in Bremen wurde 1949 eine posthume Würdigung Schumachers durch die Stadt beschlossen. Der Auftrag ging in erfahrene Hände nach Fischerhude, wo Clara Rilke-Westhoff weiterhin in ihrem Wohnhaus mit Atelier lebte und sich als Bildhauerin und dann auch als Malerin einen Namen gemacht hatte.
Mit ihren mehr als 20.000 Beschäftigten und über 100 Schiffen beheimatete Bremen bis zum Ersten Weltkrieg (1914–18) eine der größten Schifffahrtsgesellschaften der Welt: den 1857 gegründeten Norddeutschen Lloyd.
Zur Ausgestaltung des Neuen Rathauses schenkte die Reederei der Stadt im Jahr 1912 diese Bronzeskulptur. Damit alle gleich sehen, von wem sie stammt, hatte der Bildhauer Fritz Behn mittig das Unternehmenssignet verarbeitet. An der gegenüberliegenden Stelle der Rückseite modellierte er einen Bremer Schlüssel.
Behns Werk heißt "Die Schiffahrt", aber es war zunächst auch der Titel "Die Weser" im Umlauf (und ebenso deren lateinische Bezeichnung "Visurgis"). Beide deutschen Namen sind weiblich wie die bis auf eine Perlenkette unbekleidete Figur auf dem Rücken des kräftigen Fischwesens. Dort sitzt sie ganz ruhig und bequem. Somit kann sie ungefährdet von den Wellen in die Ferne spähen und das Kunstwerk als Sinnbild für "sichere Schifffahrt" gelten. An den vier Ecken des Sockels hat der Künstler seine Vorstellungen von Meeres- und Windgöttern dargestellt.
Sowohl die "Weser-Zeitung" wie auch die "Bremer Nachrichten" berichteten Anfang 1913 zur NDL-Schenkung zwei Details aus der Vita des Künstlers, dass nämlich der in München lebende "Prof. Behn" eigentlich ein "Lübecker Kind" sei und außerdem "der Sohn eines Senators unserer Schwesterstadt".
Das kleine Bibliothekszimmer in der 2. Etage ist ein fast verborgener Schatz im schönen Bremer Rathaus, denn Führungen beschränken sich zumeist auf die erste Etage. Rudolf Alexander Schröder würde seine reine Freude an diesem Zimmer haben. Der Raum ist mit Möbeln ausgestattet, die der in Bremen geborene Architekt, Dichter und Designer einst für ein Bibliothekszimmer entwarf. Es sind schöne Vitrinen aus feinstem Kuba-Mahagoni, Regale und Schränke mit Schaukästen, die in den Jahren 1908 und 1909 von den Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk in Bremen für einen Privatmann gefertigt wurden.
Auf dem Marktplatz und im Herzen von uns Bremern*innen nimmt das Rathaus einen besonderen Platz ein. Gar nicht hanseatisch bescheiden halten wir es für das schönste Rathaus Deutschlands. Und da sind wir nicht allein.
Die UNESCO hat das Bremer Rathaus gemeinsam mit dem Roland, unserer "Freiheitsstatue", als Weltkulturerbe anerkannt. In ganz Deutschland gibt es davon nur rund 40 Stück.
Treten Sie ein in die festliche Obere Rathaushalle, die damals wie heute für traditionsreiche Veranstaltungen, prominenten Besuch, Kultur und Politik genutzt wird. Lauschen Sie den Erklärungen Ihres*r Gästeführers*in und entdecken Sie kleine und feine Details in diesem wunderschön gestalteten Raum mit über 600 Jahren Geschichte.
Darin eingebettet liegt ein kleines Zimmer, das seinen Namen zurecht trägt: die Güldenkammer. Sie dürfen einen Blick hinein werfen und die wertvollen Verzierungen mit Ornamenten des Jugendstils bewundern.
Beim Gang in den eleganten Festsaal fragen Sie sich, ob es sich tatsächlich um einen Anbau aus dem 20. Jahrhundert handelt. Ein Beispiel gelungener Architektur.
Mehr Informationen zu den Gästeführungen finden Sie auf der Website der BTZ (Bremer Touristik Zentrale):
https://www.bremen-tourismus.de/bremen/offer/detail/DEU99999990039255330?lang=de
Der Festsaal ist der größte Raum des Neuen Rathauses, das von 1909 bis 1913 nach Plänen des Münchner Architekten Gabriel von Seidl entstand und sich sich harmonsich an das historische Rathaus anschmiegt.
Dunkles, glänzendes Eichenholz an den Wänden, die helle Kassettendecke in wirkungsvollem Kontrast dazu verleihen dem Raum eine besondere Note. Imposant wirkt der Jugendstilleuchter unter der Decke mit seinen von goldbronzenen Girlanden gehaltenen 90 Lampen. Das Original wurde im Zweiten Weltkrieg als Metallspende eingeschmolzen, 1990 wurde der Leuchter nach alten Fotos von der sächsischen Bronzewarenfabrik in Wurzen (bei Leipzig) nachgebildet.In den oberen vier Ecken des Raumes erinnern vier ovale Bilder an die Festungszeiten der alten Stadt: Sie verweisen auf die vier Stadttore Ansgaritor, Braut, Zwinger und Hohentor.
Siehe auch:
Kabinett zu Ehren Kaiser Wilhelm II
Überlebensgroß sind Kaiser Karl und Bremens erster Bischof Willehad an der Nordwand der Oberen Halle auf prunkvollen Sesseln sitzend dargestellt. Ihre Geste zeigt, dass sie einig zum Dom der Stadt halten. Das Motiv ist bereits im ältesten im Staatsarchiv erhaltenen Abdruck des Siegels der Stadt Bremen aus dem Jahr 1230 abgebildet. Der Rat wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Stadt einst von Karl und Willehad persönlich gegründet worden sei.
Als das Fresco im Jahr 1532 entstand, waren der Kaiser und der Bischof bereits länger tot als das Rathaus heute alt ist. Somit ist der großmaßstäblich gemalte Bezug auf ihre Persönlichkeiten als eine weitere bildlich dargestellte Versicherung zu deuten, dass Bremen seit jeher auf höchsten weltlichen und kirchlichen Schutz bauen konnte. Das ist die Kernaussage des 4,45 x 6,75 Meter messenden Bildfeldes, zu dem darunter noch 84 Zeilen goldene Frakturbuchstaben in gereimtem Mittelniederdeutsch gehören.
Auch die Stelle im westlichen Teil der Nordwand war für das Motiv nicht zufällig ausgewählt worden. Der Rat tagte und hielt Gericht an der östlichen, dem Dom zugewandten Seite der Oberen Halle. Und wenn sich Vertreter der Bürgerschaft oder zu anderen Gelegenheit auch weitere Gäste im Rathaus versammelten, war ihr Platz auf der Seite zur Liebfrauenkirche unter dem Fresco. Das große Bild konnte dort allen Zeitgenoss:innen den aus der bremischen Gründungszeit lebendig in die damalige Gegenwart übertragenen Anspruch städtischer Freiheit vermitteln und verstärken.
Die malerische Ausführung des Motivs zeigt zugleich, dass die Stadt ihrerseits Kaiser und Kirche Ehre erweist. Sie selbst stellt sich sehr zurückgenommen nur am unteren Bildrand dar, und zwar durch ihren von Löwen gehaltenen Schlüssel und die Wappen der damals amtierenden Bürgermeister Daniel von Büren der Ältere, Meiner von Borken, Martin von Heimburg und Dietrich Hoyer.
"Salomons Urteil" ist nicht zufällig an diese Stelle der Nordwand der Oberen Halle gemalt worden. In dem Bereich vor dem 6,48 mal 8,14 Meter großen Kunstwerk tagte in früheren Zeiten der Bremer Rat. Das Motiv sollte ihn zu gerechtem Urteil mahnen. Bis 1848/49 gab es in Bremen keine eigenständige öffentliche Gerichtsbarkeit. In allen innerbremischen Rechtsangelegenheiten und -streitigkeiten war der Rat der Stadt zugleich das oberste Justizgremium. Deshalb finden sich im Alten Rathaus viele Bezüge zu den Themen Regierung und Rechtsprechung. Sie sind als konkrete Erinnerungen zu sehen, stets um gute, also gerechte Urteile bemüht zu sein. In diesem Sinne wacht auch die prächtig geschnitzte Justitia über der Tür zur Güldenkammer. Doch während sie sich wie die in den Ölgemälden illustrierten "Richtertugenden" an der Außenwand der Güldenkammer auf das römische Recht und vielfach auf konkrete Bestandteile der Rechtsfindung beziehen, zitiert dies große Fresko aus dem Jahr 1532 ganz allgemein das bekannteste Gerechtigkeitsmotiv der jüdisch-christlichen Geschichte:
"Das Urteil des König Salomon" ("Salomonisches Urteil"). Diese im Alten Testament im Buch der Könige überlieferte Geschichte ist in ähnlicher Form auch in fernöstlichen Kulturen bekannt und wurde vom Künstler (vermutlich Bartholomäus Bruyn, 1493–1555) im Stil der Renaissance dargestellt. Mit dem Blick auf das Rathaus-Fresco lautet sie in Kurzform etwa so: Umgeben von Angehörigen seines Gefolges und zwei edlen Jagdhunden sitzt Salomon, Sohn von König David und weiser Herrscher über Israel, auf goldfarbenem Thron nahe dem von ihm erbauten Tempel. Dargestellt ist der Moment seines Urteilspruches im Streit der beiden Frauen im Mittelpunkt der Szene, von denen die eine kniet. Die andere steht neben ihr und hält ein Kind in den Händen. Beide wohnen im selben Haus und sind vor kurzem Mutter geworden – doch eines der Neugeborenen ist verstorben und liegt nun tot zwischen ihnen auf dem Fußboden. Vor Gericht klagen sich die Frauen nun gegenseitig an, den Leichnam nachts unbemerkt gegen das lebende Kind ausgetauscht zu haben. Salomon kann nicht ermitteln, welche Frau im Recht ist, und sagt zu seinem Scharfrichter, der mit linker Hand schon einen Arm des Kindes gegriffen hat und mit der rechten sein Schwert zieht, er solle es in zwei Hälften zerteilen, dann wäre zumindest keine der Frauen benachteiligt. Kaum willigt die eine Mutter ein, ruft die andere, sie ziehe ihre Klage zurück, wenn nur das Kind nicht sterben müsse. Auf diesen Moment hat der König gewartet und spricht der verzichtenden Frau das Kind zu – ihre Liebe hätte sie als die tatsächliche Mutter erwiesen und die andere als kaltherzige Lügnerin. Sein Urteilsspruch verstärkte die Legende von Salomon als großer Richter und weiser Regent.
Das auf das Jahr 1532 datierte Bild zählt zu den größten kunsthistorischen Kostbarkeiten Bremens. Erst als bei Restaurierungen im 20. Jahrhundert jüngere Übermalungen entfernt worden waren, wurden die heute gerühmten Qualitäten der Malerei wieder gewürdigt. Im Laufe der Jahrhunderte hatten immer wieder Fehlstellen ausgebessert werden müssen, und besonders die Umbauten und Erneuerungen des Daches Ende der 1590er und Ende der 1920er Jahre hatten zu Veränderungen und Übermalungen im oberen Bereich geführt. Ein prägnanter Beleg dafür ist die Moses-Abbildung in der ersten der sechs links und rechts das Bild flankierenden Figurendarstellungen und Texte: Nach Entfernung einer Schicht erschien der Teil eines älteren Kopfes, und so sind heute zwei halbe Köpfe des Propheten zu sehen.
Gabriel von Seidl (1848 – 1913), war ein deutscher Architekt und wurde 1900 durch Verleihung des Bayrischen Kronenordens in den Adelsstand erhoben (Ritter von Seidl). 1906 erhielt er den Auftrag einen Entwurf für den neuen Anbau an das alte Rathaus zu entwerfen. Es gelang ihm meisterhaft, den Neubau, der dreimal so groß werden sollte, behutsam in Einklang zu bringen mit dem bereits bestehenden Altbau.
Siehe auch:
Neues Rathaus
Im Zuge der Neugliederung der marktseitigen Rathausfassade zu Beginn des 17. Jahrhunderts erfuhr auch die Obere Halle im Inneren eine einschneidende Veränderung: den Einbau der Güldenkammer. Ihre zweigeschossige, mehr als acht Meter hohe Fachwerkkonstruktion reicht bis unter die Decke und ist seither das beherrschende Element der fast 40 Meter langen und 13,7 Meter breiten Halle. Kunsthistorisch Interessierte müssen reichlich Zeit aufbringen, um sich durch das aus Eichenholz geschnitzte Gewimmel an Ranken, Ornamenten und Figuren zu schauen. Aus einigen Schritten Entfernung wirkt die im Laufe der Jahrhunderte gewachsene Gestaltungsvielheit dennoch als ein harmonisches Ganzes.
Der obere, zunächst offene Raum wurde lange für Zwecke des Archivs genutzt und erhielt 1849 seine später erneuerte Fensterverglasung. Durch sie hindurch lassen sich die Schiffsmodelle und die Gemälde an der Nordwand aus weiteren Blickwinkeln betrachten und die gesamte Atmosphäre der Halle von erhöhter Warte aus genießen.
Besonders effektvoll kann die Obere Güldenkammer bei Festveranstaltungen zur Geltung gebracht werden, nämlich wenn sie mit geöffneten Fenstern als Musiker:innenempore dient. Auch die Erschließung der oberen Kammer ist mit der aufwendig mit Schnitzereien geschmückten Treppe ein Kunstwerk für sich. Die Spindel, um die herum ihre Stufen steigen, ist als Säule ausgearbeitet und der Herkules auf ihrem korinthischem Kapitell ein weiterer der vielen Blickfänge der Güldenkammer.
Um sie vor den Zerstörungen der Bombenangriffe auf Bremen während des Zweiten Weltkriegs zu schützen, wurden viele Teile der Güldenkammer demontiert und ins Bremer Umland ausgelagert, darunter auch die Einrichtung inklusive der Ledertapeten der (unteren) Güldenkammer. Die elf Ölgemälde an der Außenfront z.B. überdauerten den Krieg in einem Gasthof in Jeersdorf bei Scheeßel.
An der Nord- und Westseite der Güldenkammer mahnen elf mit Gemälden illustrierte Sinnsprüche die Angehörigen von Bremens Rat in ihrer Regierung und vor allem in ihrer Rechtsprechung zu besonnenem Tun und Urteil. Vermutlich entstand zumindest ein Teil davon durch die Arbeit des Bremer Malers Jürgen Landwehr und nach Vorlagen für identische Motive im Nürnberger Rathaus. Gemäß ihres allgemeingültigen Anspruchs sind die Sprüche auf Latein verfasst.
So meint Sapientia ducit concordiam in etwa: Wenn ihr weise handelt, führt ihr damit auch Eintracht herbei. Die allegorische Figur der Eintracht (lat. Concordia) ist an dem Pfeilbündel zu erkennen und die sie führende Weisheit (Sapientia) an ihrem Handspiegel. Dieser soll die Aufforderung darstellen, die Dinge nicht nur oberflächlich zu betrachten, sondern durch besonnene (Selbst-)Reflexion so zu sehen, wie sie wirklich sind.
Über der Tür zur Güldenkammer ist unter der Justitia und dem Bremer Schlüsselwappen ein besonders stark herausforderndes Vorbildmotiv aus der Antike wiedergegeben: Das Schnitzbildnis zeigt Marcus Curtius in dem Augenblick, in dem er sich für seine Stadt opfert. Der römischen Überlieferung nach hatte sich im 4. Jahrhundert v. Chr. mitten im Forum der Stadt ein feurig-heißer Erdriss aufgetan und für Angst und Schrecken gesorgt. Die den göttlichen Willen ergründenden Auguren sagten voraus, dass Rom seinen größten Vorteil opfern müsse, erst dann wäre das Unglück gebannt. Marcus hörte dies und sprang, weil er meinte, damit könne nur Roms militärische Stärke gemeint sein, in voller Rüstung samt Pferd in die Spalte – die sich daraufhin wieder verschloss.
Vier der elf illustrierten Sinnsprüche hängen gut sichtbar entlang der langen Außenseite der Güldenkammer:
Sine respectu meint so viel wie: Ohne Ansehen (der Person und deren Stellung oder Rang – so sollst du richten). Das Bild zeigt, wie der Mächtige seinem Untergebenen das Richtschwert reicht. Damit soll gezeigt werden, dass sich alle dem Gesetz zu beugen haben und somit auch der Herrscher selbst.
Manet altera reo heißt: Das eine (Ohr des Richters) bleibt/verweilt bei dem Beklagten. Das Bild zeigt, wie sich der Richter ein Ohr zuhält, während links von ihm der Ankläger spricht. In einer alten deutschen Variante lautet die Weisheit in etwa: Eines Mannes Rede ist keines Mannes Rede, man soll sie hören alle bede [= beide].
Clementia rigorem temperet bedeutet: Milde lindere die Strenge. Gemeint ist, dass die Richtenden, auch wenn sie es mit klarstem Unrecht zu tun haben, niemals strenger urteilen sollen als notwendig. Es soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Milde als Gebot der Menschlichkeit die Entscheidungen mit zu beeinflussen hat.
Pro meritis meint: Zum Lohn für die Verdienste. Der Spruch lässt sich als Mahnung an die Regierenden verstehen, auch die Leistungen derer wahrzunehmen, über deren Lebenswelt sie bestimmen, und diese angemessen und gegebenenfalls für alle sichtbar zu würdigen.
Zwei weitere Spruchdarstellungen hängen an der westlichen Seitenwand:
Ne corrumpar heißt wörtlich übersetzt Ich möchte nicht bestochen werden. Gemeint ist die Forderung an die Richtenden, so unbestechlich zu sein, wie die erhabene Figur links im Bild: Sie wendet sich ab und verweigert somit unmissverständlich die Annahme von Geschenken, die der Kniende ihr entgegenreichen möchte.
Cum erraris muta consilium meint: Wenn dir ein Fehler unterlaufen ist, ändere deinen Entschluss. Mit anderen Worten: Gib es zu, wenn du auf dem falschen Weg warst – das passiert nicht dir allein, sondern Vielen immer wieder, und dann ist es besser, du gesteht dies ein, als dass du deine falsche Ansicht durchsetzt, nur weil sie von dir stammt.
Vier Ölgemälde sind hoch über dem Fensterband der oberen Kammer zu entdecken:
Supplicibus misericors esto bedeutet so viel wie: Gegen demütig Flehende sollst du Mitleid zeigen und barmherzig sein!
Der nächste Spruch Age quae iusta sunt ist eher als die sehr allgemein gefasste Mahnung zu lesen, wir sollten so handeln, dass unsere Taten und unsere Urteile die (ge)rechten sind (Tue, was gerecht ist.)
Delibera lente, quot decreveris urge meint: Überlege besonnen, und was du beschlossen hast, das führe tatkräftig aus.
Die letzte Tafel an der Westseite der Oberen Güldenkammer könnte ebenso gut als die erste gelten und fordert mit Juste judicato schlicht und einfach: Du sollst gerecht urteilen!
Siehe auch:
Güldenkammer - innen
,
Obere Rathaushalle
Die untere Güldenkammer ist eine der schönsten Bremer Räumlichkeiten. Der Name Güldenkammer ist viel älter als ihre heutige Gestaltung, die 1905 nach den Entwürfen Heinrich Vogelers erneuert worden war. Gülden steht für gold(-glänzend), was sich auf die schon in früheren Zeiten repräsentative Ausstattung mit gold-schimmernden Tapeten bezieht. Doch am Ende des 19. Jahrhundert war davon so wenig übriggeblieben, dass eine Sanierung des Vorhandenen sinnlos erschien. Der Auftrag für einen Neuanfang ging an den aus Bremen stammenden Worpsweder Künstler Heinrich Vogeler (1872–1942). Wer bislang noch nicht wusste, dass er ein bekannter und besonders vielseitiger Vertreter vor allem des Jugendstils war, kann es mit Blick auf die Innengestaltung der Güldenkammer schnell und unvergesslich lernen. Vogeler entwarf von den geprägten Ledertapeten, den Vertäfelungen von Wänden und Decke über den Tisch und die Stühle bis hin zu den Leuchtern, Türbeschlägen und Kaminen samt Besteck und Gitter das gesamte Interieur des Raumes in seinem beeindruckend ausgearbeiteten und fantasiereichen Stil.
Der Gestalter der Güldenkammer
Heinrich Vogeler stammte aus gutbürgerlichen Bremer Verhältnissen und verlebte seine Kindheit und Jugend als zweites von sieben Geschwistern im großen Haus der Familie Außer der Schleifmühle. Im Jahr 1890 verließ er die Stadt für ein Kunststudium in Düsseldorf. Vom Erbteil des 1894 verstorbenen Vaters konnte Vogeler den Start seines Lebens als freier Künstler finanzieren. Im selben Jahr schloss er sein von zahlreichen Reisen unterbrochenes Studium ab und zog in die Künstlerkolonie Worpswede. Unter ihren Mitgliedern war er derjenige, der am stärksten auf die neue Strömung des Jugendstils reagierte und sie seinerseits prägend beeinflusste. Seine grafischen Arbeiten, wie die Buchillustrationen zu Hugo von Hofmannsthals Der Kaiser und die Hexe (1900, siehe Abb.), zeigen bereits seinen damaligen Stil, der sich auch in der Prägung der Ledertapete in der Güldenkammer wiederfindet. Doch sein Erfolg und der große Anklang, den seine Arbeiten fanden, hinderten Vogeler nicht daran, sich künstlerisch radikal weiterzuentwickeln.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg, für den er sich freiwillig zum Einsatz meldete, hatte seine Leidenschaft für soziales Engagement begonnen, und er wurde in der Folge zum überzeugten Pazifisten. Nach 1918 beschäftigte sich Vogeler intensiv mit den Ideen der Arbeiterbewegung und versuchte, in Worpswede die sozialistische Idee durch die Errichtung einer Kommune zu leben. Künstlerisch wandte er sich dem expressionistischen Stil zu. Zwangsläufig geriet Vogeler in radikalen Widerspruch zur aufkommenden NS-Ideologie – und sein Name 1940 schließlich auf eine SS-Fahndungs- und Todesliste. Zu dieser Zeit lebte er bereits seit neun Jahren in der Sowjetunion, die er schon in den 1920er Jahren mehrfach bereist hatte. Er arbeitete in verschiedenen staatlichen Einrichtungen, wurde aber in seiner Kunst von der starren Doktrin des stalinistischen System zusehends weiter eingeschränkt und schließlich mit einem Ausstellungsverbot seiner früheren Werke belegt. Nach dem 1941 begonnenen deutschen Überfall auf die UDSSR wurde er vom sowjetischen Geheimdienst gezwungen, Moskau in Richtung Kasachstan zu verlassen. Dort musste er trotz seines fortgeschrittenen Alters schwere körperliche Arbeit leisten und war den damit verbundenen Anstrengungen vermutlich nicht gewachsen. Die Akte des Krankenhauses einer Kolchose im nordöstlichen Zentrum des heutigen Kasachstan belegt das Todesdatum des fast 70-jährigen Künstlers für den 14. Juni 1942. Die genauen Umstände von Heinrich Vogelers letzter Lebenszeit und seines Todes sind wie seine Grabstelle unbekannt.
Siehe auch:
Güldenkammer - außen
,
Obere Rathaushalle
,
Heinrich Vogeler
Die Handelsstadt Bremen litt Jahrhunderte hindurch darunter, dass die Weser immer stärker versandete und deshalb größere Schiffe nicht mehr bis in ihre Grenzen gelangen konnten. Deshalb war 1618 in Vegesack stromabwärts ein künstliches Hafenbecken angelegt worden, was aber das Problem nicht dauerhaft löste. Mehr als 200 Jahre später kam es mit der Gründung Bremerhavens an der Wesermündung 1827 zur Umsetzung einer radikalen Lösung zur Schaffung eines seeschifftiefen Hafens für den bremischen Güterumschlag. 1830 wurde die Schleuse zum fertigen Hafenbecken in Betrieb genommen und konnte das erste Seeschiff in Bremerhaven festmachen.
Mit den Jahren entwickelte sich das enorm aufwendige und maßgeblich von Bürgermeister Johann Smidt vorangetriebene Projekt zu einem großen Erfolg – und der sollte bei der Ausstattung des Neuen Rathauses mit einem Bildnis gewürdigt werden. Finanziert wurde das Ölgemälde von Bürgermeister Carl Georg Barkhausen (1848–1917). Den Auftrag erhielt Hermann Sandkuhl, ein aufstrebender Berliner Künstler mit Wurzeln in der Hansestadt.
Dort war er 1872 als Kind eines Schiffsmaklers zur Welt gekommen und bis zum Umzug der Familie nach Berlin in der Mathildenstraße aufgewachsen. In der Hauptstadt absolvierte er eine Lehre als Dekorationsmaler ("Stubenmaler") und machte sich im Laufe seiner Ausbildung an der Akademie der Künste in Berlin und dann in Stuttgart, Paris und Dresden einen guten
Namen als Kunstmaler. Sandkuhl, der im Laufe der Zeit das zweite "n" seines Vornamens fallenließ, wurde 1923 Professor
an den Berliner Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst und verstarb 1936.
Für seinen Auftrag des Bremerhavener Bildes konnte Sandkuhl 1912 nicht nach eigener Ansicht der Szene vor Ort arbeiten, denn zu seiner Zeit war Bremerhaven bereits stark industrialisiert und längst um ein Vielfaches an Hafenbecken, Schleusen, Wohn- und Industriebauten angewachsen. Um an die Anfänge Bremerhavens ("wie es sich im Jahre 1842 darstellte") zu erinnern, musste der Maler somit kreativ nach Vorlagen arbeiten.
Sandkuhl zeigt in seinem das Festtreppenhaus beherrschenden Ölbild von 2,85 mal 3,23 Metern den Blick von der Südseite der Schleuse aus den Hafen entlang. Am linken Bildrand ist das "Fort Wilhelm" zu sehen. Die Verteidigungsanlage gehörte zum Königreich Hannover, das sich beim Verkauf des Gebietes von Bremerhaven an Bremen die Hoheit über den schmalen Küstenstreifen zunächst vorbehalten hatte. In der Mitte das mit Schiffen dicht belegte Hafenbecken und rechts die
Straße "Am Hafen".
Am zweiten Podest der Treppe zur oberen Wandelhalle blickt uns zwar nicht unfreundlich, aber doch sehr konzentriert ein Mann entgegen. Es ist Liborius Diedrich Post, der wegen der sich nähernden Schritte einen Moment lang seine Schreibarbeit zu unterbrechen scheint. Vielleicht beantwortet er gerade einen Brief, vielleicht kopiert er etwas.
Post kam 1737 in Bremen zur Welt, wurde in Duisburg zum Doktor der Rechte promoviert und übernahm 1763 von seinem älteren Bruder Simon Hermann das Amt des bremischen Archivars. Seit 1776 war er Ratsherr (Senator) und 1802 Bürgermeister seiner Heimatstadt. 1808 legte er sein Amt nieder und verstarb 1822.
Das Bild entstand 1912 und ist eine der vielen Kopien des Malers Bernhard Wiegandt, mit denen er zur Ausstattung des Neuen Rathauses beauftragt worden war. Seine Vorlage war ein 1788 von Jacob Fehrmann gemaltes Porträt des damals 51-jährigen Senators, das sich in Privatbesitz befindet.
Bürgermeister Wilhelm Kaisen gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der jüngeren bremischen Geschichte. Sein Name ist unlösbar mit der Zeit des Wiederaufbaus der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Städte Bremen und Bremerhaven verbunden und ebenso mit der Wiederbegründung des Landes Bremen im Januar 1947. Von der amerikanischen Militärregierung an die Spitze der bremischen Administration gesetzt, hatte er vom 1. August 1945 an im Rathaus sämtliche Fäden des umfassenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Neu- anfangs zusammenzuhalten.
Carl Wilhelm Kaisen wurde am 22. Mai 1887 in Hamburg-Eppendorf geboren und wuchs im benachbarten Alsterdorf auf. Die siebenköpfige Familie lebte in einfachen Verhältnissen, der Vater war Maurer und später Fabrikarbeiter. Wilhelm erwies sich als begabter Schüler, doch auch wegen zu hoher Kosten zerschlug sich seine Idee, selbst Lehrer zu werden. Nach einer Zeit als Arbeiter in einer Seifenfabrik durchlief er 1905 bis 1907 eine Lehre als Stuckateur. Unterbrochen von seiner zweijährigen Militärzeit arbeitete er in diesem Beruf bis zum Ersten Weltkrieg, den er von Beginn an als Soldat in Frankreich erlebte. 1905 war Kaisen in die SPD eingetreten, erst als Schriftführer und von 1911 an als Distriktführer positiv aufgefallen und zur Parteischule nach Berlin geschickt worden. In seiner Klasse lernte er mit Helene Schweida eine engagierte und aufstrebende Bremer Sozialdemokratin und zugleich seine spätere Frau kennen. Die beiden heirateten 1916 während eines Fronturlaubs. Im November 1918 wurde Kaisen zum Soldatenrat seines Regiments gewählt und führte es zurück nach Hamburg. 1919 siedelte er nach Bremen über und arbeitete für zwei sozialdemokratische Zeitungen, zuletzt als Chefredakteur, bis er sich von 1925 an voll seiner Tätigkeit als SPD-Bürgerschaftsabgeordneter widmete. 1928 übernahm Kaisen das schwierige Amt des Wohlfahrtssenators (Soziales), das er 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor. Vom NS-System als politischer Feind angesehen und ohne jede Chance auf weitere Anstellung, wagten Wilhelm und Helene Kaisen durch Erwerb einer Siedlerstelle in Borgfeld einen beruflichen Neuanfang. Obwohl sie keinerlei landwirtschaftliche Erfahrung besaßen, gelang es ihnen auf diese Weise, das Überleben für sich und ihre inzwischen vier Kinder zu sichern.
Vom ersten Tag als Bürgermeister an zeigte sich Kaisens großes Talent zu pragmatischem Handeln. Besonders für die Frühzeit werden ihm Schlagworte zugeordnet, die seine Politik im Wiederaufbau jedoch zutreffend beschreiben: "Erst der Hafen, dann die Stadt" bezog sich darauf, mit aller Energie die Hafenwirtschaft als Schwungkraft bremischer Wertschöpfung beim Aufbau zu priorisieren. "Koalition aus Arbeiterschaft und Kaufmannschaft" galt seiner politischen Maxime, alle Kräfte in der Stadt zu politisch zu bündeln, und seiner in der Bremer SPD nicht unumstrittenen Praxis, trotz eigener absoluter Mehrheit Vertreter von CDU und FDP in den Senat zu integrieren. Wegen seiner persönlich bescheidenen Lebensweise und seiner offenen, gradlinigen Art wurde Kaisens unorthodoxe, mitunter autokratische Amtsführung insgesamt toleriert. Kaisen blieb glaubhaft, wenn er öffentlich schlicht und einfach ankündigte, dass er als Präsident des Senats garantiere, dem "Wohl der Gesamtheit" zu dienen und danach suche "das Beste, das allgemeine Beste, herauszufinden".
Kaisen engagierte sich auch sehr für die deutsche Politik und deren schwieriger Gestaltung unter der Hoheit der Alliierten Besatzungsmächte. Für Februar und Oktober 1946 lud er die Spitzen der provisorischen deutschen Verwaltungen (erfolglos auch die der sowjetisch-besetzten) zu "Interzonenkonferenzen" in die Stadt, und nach Gründung der Bundesrepublik 1949 zählte Kaisens Stimme auch bei den süddeutschen Ministerpräsidenten. Nicht nur dem Land Bremen nutzte sein Einsatz für die schnelle Aufhebung der Schiffbaubeschränkungen in den westlichen Besatzungszonen.
1965 trat Kaisen hochgeehrt aus dem Senat aus und widmete sich wieder voll seinem Borgfelder Hof, auf dem seine Frau und er die Landwirtschaft nie aufgegeben hatten. Helene Kaisen, die ihrem Mann auch engste politische Vertraute war, verstarb am 6. September 1973. Ilse Kaisen, die älteste Tochter (1923–2013), widmete ihr Leben fortan ganz dem Haushalt und der Pflege ihres am 19. Dezember 1979 verstobenen Vaters. Gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder Franz initiierte sie 1995 die Gründung der Wilhelm und Helene Kaisen-Stiftung, in die sie den Borgfelder Hof der Familie einbrachten. Die Stiftung richtete erst die Scheune und dann das Wohnhaus der Familie als Dokumentationsstätte und Museum zum Leben und Wirken der Kaisens her. Doch wer sich heute darin umschaut (Rethfeldsfleet 9, www.wilhelm-helene-kaisen-stiftung.de), erfährt viel mehr als nur eine Würdigung beeindruckender Lebensleistungen – wissenschaftlich akkurat und mit liebevollem Anspruch bis ins Detail gleichermaßen aufbereitet, wird dort generationsübergreifende deutsche und bremische Geschichte vom Kaiserreich bis heute modern und anschaulich präsentiert.
Siehe auch:
Wandelhalle
Dies älteste im Rathaus erhaltene Tafelbild zeigt das "Ostersche Haus". Es stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das 3,5 mal 3,1 Meter große Bild zeigt die mächtige Anlage im Norden Antwerpens mit der von zahlreichen Schiffen befahrenen Schelde im Hintergrund. Vor dem Haus lassen eine herrschaftliche Karosse mit livriertem Kutscher und vier steigenden Schimmeln davor zunächst an die Welt des Adels denken. Doch tatsächlich ist das Gebäude ein Haus für Kaufleute. Woher die maßgeblichen Betreiber der großen Anlage stammen, verrät schon ihr Name – sie kommen aus dem Osten und werden deshalb "Ostersche" oder "Osterlinge" genannt und ihr Haus entsprechend "Ostersches Haus" (niederländisch: Oosters Huis oder Oostelingenhuis). Mit den "Ostleuten" gemeint sind Angehörige der Hanse, weshalb das Haus auch als "Hanzehuis" und "Maison Hanséatique" bezeichnet wird. Doch die Namen sind älter als das Gebäude.
Bereits seit 1442 hatte die Hanse ein "Haus der Osterlinge" in der Stadt Brügge, ihren Sitz von dort aber im 16. Jahrhundert wegen der besseren Schiffbarkeit der Schelde nach Antwerpen verlegt. In der 1569 ganz fertig gestellten, 80 mal 62 Meter großen Anlage mit 55 Meter hohem Turm war Platz für Waren, Wohnungen und für das Kontorsektretariat. Vermutlich entstand dieses einzigartige Bild, von dem lediglich bekannt ist, dass es schon 1730 im Bremer Rathaus hing, nicht lange nach dem Bezug des weitläufigen Komplexes. Aber die große Investition der Hansestädte war kein Erfolg, denn schon wenige Jahre später wurde das Hansehaus im Rahmen des spanischniederländischen Krieges 1576 geplündert. Schon vorher war es kaum zu Handelszwecken genutzt worden, sondern hatte vielfach als Kaserne und Militärmagazin gedient. Doch zu dieser Zeit fiel Antwerpen in seiner wirtschaftlichen Bedeutung ohnehin schlagartig hinter das aufstrebende Amsterdam zurück. Von 1621 an diente der große Komplex als Krankenhaus, später als Getreidespeicher und wurde 1863 von Lübeck, Bremen und Hamburg als den drei Sachwalterinnen des Hanseerbes verkauft. 1893 brannte das Ostersche Haus aus und wurde abgerissen.
2006 bis 2011 errichtete die Stadt Antwerpen an dieser besonderen Stelle ihres alten Hafenquartiers den beeindruckenden Bau für ihr "MAS", das "Museum aan de Stroom" (= Museum am Fluss). Auf jeder Etage des 60 Meter hohen Gebäudes gibt es Antwerpener Geschichte(n) zu den historischen und aktuellen Verbindungen der Stadt in die ganze Welt zu erleben.
Kaum ist das Neue Rathaus betreten, versetzt dies Bild seine Betrachter:innen zurück auf den Domshof und in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Aus östlicher Richtung gesehen zeigt es den Blick auf den Vorgängerbau des Neuen Rathauses, das 1819 fertiggestellte "Stadthaus". Zuvor hatte an der Stelle des klassizistischen Baus das im 14. Jahrhundert als bischöfliche Residenz errichtete "Palatium" gestanden. Für den Bau des Neuen Rathauses wurde das Stadthaus 1909 abgerissen.
Das Ölgemälde stammt von Bernhard Wiegandt (1851–1918) aus dem Jahr 1913. Der Maler unterrichtete auch und war erster Lehrer der aus Bremen stammenden Worpsweder Malerin Paula Modersohn-Becker. Für sein Bild am unteren Podest des Treppenaufgangs zur oberen Wandelhalle kopierte er einen Stahlstich mit dem Titel "Das Stadthaus am Domshof in Bremen". Dessen Vorlage wiederum war eine Zeichnung von Julius Gottheil, der in den 1850er Jahren mehrere Bremer Ansichten anfertigte. Ein ebenso treffendes wie schönes Detail ist ganz links im Bild zu sehen: Es ist der vollbeladene Heuwagen direkt am Dom und erklärt damit den historischen Namen des Platzes "Grasmarkt".
Am 18. Juli 1696 machten Bremer Fischer auf der Weser den außergewöhnlichen Fang eines großen Schwertfischs. Zwei Tage später brachten sie ihn nach Bremen, wo er viel Aufsehen erregt haben dürfte, denn ein solch großes Tier konnten die meisten nur aus Erzählungen kennen. Grund genug, dass der Rat (= Senat) den Maler Paul Wolers beauftragte, die naturkundliche Besonderheit in Öl festzuhalten.
Einen so großen Schwertfisch zu erlegen, hatte eine außerordentliche Leistung der Fischer erfordert. Sie konnten ihre Boote nur mit Wind- und Muskelkraft bewegen und waren für den Kampf mit einem solchen "Ungeheuer" der übermächtigen See vor allem auf ihren Mut und ihre Erfahrung angewiesen.
Hinter der an Land gebrachten Trophäe im Vordergrund stellte Wolers rechts im Bild mit dunklen Wolken und aufgewühltem Meer die bedrohliche Macht der Natur dar. Warmes Sonnenlicht lässt er dagegen auf die links im Hintergrund zu sehende Stadtsilhouette fallen und deutet so den gelungenen Fang als von Menschenhand errungenen Sieg gegen die wilde und gefährliche Gewalt der See.
Dem Text unter dem Bild folgend, war das Tier insgesamt 17,5 Fuß lang, was etwa fünf Metern entspricht, und wer einen Größenvergleich sucht, wende sich links zur Meybach-Uhr, die misst exakt 4,99 Meter Höhe.
1965 war das 3,70 mal 2,43 Meter große und fast 80 Kilogramm schwere Bild zusammen mit dem etwa zehn Meter messenden Zwergwal-Gemälde abgehängt worden und ins Überseemuseum gelangt. Nach einer aufwendigen Restaurierung hängt "Der Schwertfisch" seit 2012 wieder nahe seinem alten Platz an der Nordwand der Oberen Halle.
Siehe auch:
Gemälde der Zwergwal
Das 1669 vom Bremer Rat (= Senat) in Auftrag gegebene Ölgemälde zeigt einen Zwergwal in der Originalgröße des dargestellten Exemplars. Frantz Wulfhagen malte das Tier und Arend Landwehr die goldenen Buchstaben des Erläuterungstextes darunter.
Anlass des Auftrags war die Sensation, dass sich am 8. Mai des Jahres ein Wal dieser Größe die Weser hinauf und in die Lesum hinein verirrt hatte. Das Bild zeigt ihn am linken Ufer und damit auf der bremischen Seite liegend. Das von Bremer Seite beschossene Tier war wohl zunächst am rechten, unter schwedischer Verwaltung stehenden Ufer der Lesum gestrandet. Es soll sich dann aber noch einmal von dort losgeworfen haben, bevor es endgültig am linken Ufer erlegt wurde. Die schwedische Regierung in Stade forderte zumindest die Übergabe des Skeletts, aber am Ende behielten die Bremer beides: das wertvolle, zu Tran und damit zu Lampenöl verkochbare Walfett und die Knochen als besondere naturkundliche Rarität.
Siehe auch:
Hinter der an Land gebrachten Trophäe im Vordergrund stellte Wolers rechts im Bild mit dunklen Wolken und aufgewühltem Meer die bedrohliche Macht der Natur dar. Warmes Sonnenlicht lässt er dagegen auf die links im Hintergrund zu sehende Stadtsilhouette fallen und deutet so den gelungenen Fang als von Menschenhand errungenen Sieg gegen die wilde und gefährliche Gewalt der See.
Dem Text unter dem Bild folgend, war das Tier insgesamt 17,5 Fuß lang, was etwa fünf Metern entspricht, und wer einen Größenvergleich sucht, wende sich links zur Meybach-Uhr, die misst exakt 4,99 Meter Höhe.
1965 war das 3,70 mal 2,43 Meter große und fast 80 Kilogramm schwere Bild zusammen mit dem etwa zehn Meter messenden Zwergwal-Gemälde abgehängt worden und ins Überseemuseum gelangt. Nach einer aufwendigen Restaurierung hängt "Der Schwertfisch" seit 2012 wieder nahe seinem alten Platz an der Nordwand der Oberen Halle.">Gemälde "Der Schwertfisch"
"Die Klage Bremens" ist in der Ausstattung des Neuen Rathauses ein Kunstwerk von einzigartiger Bedeutung. Franz Radziwills Thema sind die Zerstörungen Bremens im Zweiten Weltkrieg, die er in vielen präzise gemalten Details abbildet. Durch Hinzufügung phantastischer Elemente vor dem Hintergrund einer massiv kontrastierenden Farbigkeit gelingt ihm in zweiter Ebene die künstlerische Annäherung an das nur schwer vorstellbare seelische und physische Leid ihrer Bewohner:innen, das sie durch die Erfahrungen von Tod und Verlust im Bombenkrieg jahrelang erlebten.
1977 hatte ein Mitarbeiter des Rathauses angeregt, dass im Neuen Rathaus doch auf irgendeine Weise an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg erinnert werde solle. Nach einigen Überlegungen in unterschiedliche Richtungen kam es Ende des Jahres zu der Idee, Franz Radziwills "Die Klage Bremens" für das Rathaus anzukaufen. Der Vorschlag fand einen starken Unterstützer: Bürgermeister Koschnick (1929–2016).
Hans Koschnick war in Gröpelingen aufgewachsen und hatte nicht nur die massive Verfolgung seiner politisch links eingestellten Eltern durch die Nationalsozialisten miterlebt, sondern auch den von Hitler 1939 entfesselten Krieg und die fast vollständige Vernichtung des Bremer Westens. Und zur Mahnung nachfolgender Generationen, dass sich Solches nie wiederholen dürfe, sei dies Bild ein wertvoller Beitrag des Rathauses, argumentierte Koschnick, der kurz nach dem erfolgreichen Ankauf und der offiziellen Vorstellung des Bildes im November 1978 sein zehnjähriges Dienstjubiläum als Präsident des Senats feierte. Zu vielen Anlässen und noch lange über seine 1985 geendete Amtszeit hinaus unterstrich der Bürgermeister seine Intention bei der Hängung des Bildes direkt beim Eingang zum Senatssaal: Genau an diesem zentralen Entscheidungsort des Bundeslandes muss es hängen, um die dort Verantwortlichen für die Zukunft an die katastrophalen Folgen des politischen Versagens in Deutschland zu erinnern.
Ein Zusammenschluss von sieben Bremer Geldinstituten hatte den erforderlichen Kaufpreis von 70.000 D-Mark gespendet. Radziwill hatte sein 1946 gemaltes, ohne Rahmen 118 x 168 cm großes Bild Mitte der 1950er Jahre und noch einmal nach 1965 um einige Elemente ergänzt. In einem Brief an Bürgermeister Hans Koschnick hob Kunsthallendirektor Günter Busch am 23. Dezember 1977 hervor, das Werk stelle "nicht nur ein geschichtliches Dokument von größter Seltenheit und Eigenart dar, es ist als 'künstlerische Bewältigung' seines Themas von besonderem Rang – ich wüßte kein vergleichbares Werk eines Künstlers von der Geltung Radziwills."
An der Abwicklung des Ankaufs war auch der damalige Protokollchef der Senatskanzlei, Peter Reischauer, beteiligt. In seinen 2011 erschienenen Erinnerungen erwähnt er eine Begebenheit in Zusammenhang mit dem Bild: Im Mai 1978 besuchte Königin Elizabeth II. mit ihrem Mann Prinz Philip Bremen und Bremerhaven. Bei ihrem Empfang im Bremer Rathaus kamen die beiden auch an der "Klage Bremens" vorbei. Die Queen, die Ende des Zweiten Weltkriegs als Lkw-Fahrerin und Mechanikerin militärischen Hilfsdienst geleistet hatte, blieb vor dem Bild stehen, wartete bis ihr ihr Mann neben ihr stand und fragte ihn mit Blick auf die Flugzeuge: "Philip, aren't that 'Light-nings'?" – tatsächlich hatte Radziwill, der sein Leben lang luftfahrt-begeistert war und öfter Flugzeuge malte, einen Doppelrumpf-Typ wie den der Lockheed P-38 "Lightning" vor dem bedrohlich-unheil-vollen Himmel über Bremen dargestellt. Als ein weiteres Detail fällt rechts im Bild ein kleines, scheinbar von Trümmerschutt befreites Stück Fußboden auf – und wer schon mal im Neuen Rathaus war, erkennt in dem markant gewürfelten gelben und grünen Fliesenfeld ein Zitat des Bodenbelags in dessen Erdgeschoss.
Radziwill hatte 1944 zusammen mit seiner Mutter in einem Bunker der Bauweise, wie er sie rechts im Bild malte, einen großen Luftangriff auf Bremen erlebt. Und wie die Mehrzahl aller Bremer:innen kannte auch er genau den Anblick aufgerissener Häuser und Keller, aus denen die Bewohner:innen mitunter völlig unversehrten Hausrat bergen konnten. In der Hoffnung, sie irgendwie weiter retten zu können, stellten sie ihre Habe zunächst an die Straße, wo die einzelnen Stücke daraus vor den zerstörten Häusern ein traurig-befremdliches Bild boten.
Siehe auch:
Wandelhalle
Die "Bremen" am 12. April 1928 über dem offenen Meer auf dem Weg von Europa nach Nordamerika. Während Charles Lindbergh bei seinem Alleinflug im Jahr zuvor mit dem Wind von West nach Ost fliegen konnte, mussten die Piloten in ihrer Junkers W 33 in der Gegenrichtung teilweise extrem schlechtes Wetter und technische Schwierigkeiten über-winden. Alexander Kircher hat mit einer drohend dunklen Wand aus Wolken und Regen vor dem Flugzeug die Gefahren der Unternehmung dargestellt, doch hinter ihr deutet helles Licht den späteren Erfolg an.
Das Gemälde des vielbeschäftigten Berliner Marine- und Landschaftsmalers Alexander Kircher (1867–1939) gelangte 1932 durch Schenkung ins Bremer Rathaus. Für den Ankauf des ohne Rahmen 116 x 197 cm großen Bildes war vom Bremer Kaufmann Paul Barckhan eine Sammlung veranstaltet worden. Dass Bremer Privatleute sich für ein Geschenk zur Ausstattung des Rathauses zusammentun, ist an sich nichts besonderes, aber der Anlass war mit dem dargestellten Flug der Junkers W 33 "Bremen" eine gefeierte Weltsensation: Die erste Überquerung des Atlantiks per Flugzeug in ost-westlicher Richtung.
Die Maschine war am 12. April 1928 in Irland gestartet und nach 36-stündigem Flug auf der Insel Greenly Island im kanadischen Sankt-Lorenz-Golf gelandet. Zur dreiköpfigen Besatzung gehörten die Piloten Hermann Köhl und James C. Fitzmaurice und der Werbeleiter des Norddeutschen Lloyds, Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld.
Die Vorgeschichte des Erfolges hatte im Mai 1927 im Nachklang von Charles Lindberghs erstem Alleinflug über den Atlantik in West-Ost-Richtung Wandelhalle begonnen: Beeindruckt von der enormen weltweiten Begeisterung, die Lindbergh ausgelöst hatte, wollte von Hünefeld im August des Jahres mit zwei Flugzeugen die schwierigere Gegenrichtung bewältigen und auf diese Weise zugleich für die beiden geplanten Großschiffbauten seiner Reederei werben. Die bereits auf Kiel gelegten NDL-Ozeanriesen für den Transatlantikverkehr sollten "Bremen" und "Europa" heißen – und so wurden auch die beiden Flugzeuge benannt. Doch der zu großen Teilen von der Reederei finanzierte Rekordversuch scheiterte im August 1927: Die "Bremen" (D-1167) musste wegen schlechten Wetters umkehren, und die "Europa" (D-1197) entging nach einem Motorschaden und anschließender Bruchlandung mit noch vollen Treibstofftanks auf dem Bremer Flughafen nur knapp der Katastrophe. Es waren damals nicht die einzigen europäischen Fehlversuche, und die Begeisterung für das Projekt ging auch in Bremen zurück. Von Hünefeld hatte Mühen, den erneuten und dann erfolgreichen Pionierflug zu organisieren, diesmal aber nicht mehr mit zwei Maschinen, sondern nur noch mit der "Bremen", die dann die Rekordstrecke meisterte.
Schon bei ihrer Ankunft in New York und noch Wochen später in weiteren Städten der USA wurden die drei "Ozeanflieger" begeistert mit Konfettiparaden gefeiert. Auf ihrer Rückreise an Bord des NDL-Liners "Columbus" kamen Tausende am 18. Juni zur Bremerhavener Kaiserschleuse um die Rückkehrer zu begrüßen. Am nächsten Tag ging die Fahrt in einem offenen Achtzylinder des Bremer Autoherstellers "Hansa Lloyd" durch die von Schaulustigen breit gesäumten Bremer Straßen der Innenstadt bis zum Marktplatz. Überall standen die Menschen dicht gedrängt und bejubelten die drei Männer auf ihrem Weg zum Senatsempfang in der Oberen Halle des Alten Rathauses.
Gabriel von Seidl (1848–1913)
Erbauer des Neuen Rathauses (1909–1913)
Gemälde von Leo Samberger
lautet der gravierte Text des Messingschildes unter dem gold-gerahmten Porträt. Allein dessen prominente Hängung an der östlichen Wand auf der Oberen Wandelhalle zeigt, dass man in Bremen beim Bezug des neugeschaffenen Ensembles von Altem und Neuem Rathaus 1913 mit der Leistung des Architekten allgemein sehr zufrieden war. Und die Wertschätzung des Baus hat bis ins 21. Jahrhundert Bestand, nicht nur in Bremen: Als 2004 "Rathaus und Roland auf dem Marktplatz" zum kulturellen UNESCO- Welterbe erklärt wurden, bezog die Kommission das Neue Rathaus als Teil des Ensembles ausdrücklich mit ein.
Als gelernter Schlosser begann Seidl 1871 in seiner Heimatstadt München Architektur zu studieren und eröffnete dort 1878 zusammen mit Rudolf Seitz ein Gestaltungsbüro. Seidl brach mit der herkömmlichen, an Antike und Renaissance ausgerichteten Baugestaltung seiner Zeit und bekannte sich zu einem auch "deutsche Renaissance" genannten neuen Stil. Er schuf von Gewerbebauten über repräsentative Schlossbauten, Museen und Kirchen bis zu Wohnhäusern ein breites Spektrum mit variantenreichen Gestaltungslösungen. 1900 wurde der gefeierte Architekt durch die Aufnahme in den bayerischen Verdienstorden als "Ritter von Seidl" in den persönlichen Adelsstand erhoben.
Nachdem 1903/04 ein erster von Bremen ausgeschriebener Entwurfswettbewerb für einen Erweiterungsbau des Alten Rathauses an Stelle des Stadthauses auf dem Domshof zu keinem Ersten Preis geführt hatte, wurde 1907/08 ein zweiter ausgelobt. Der Münchener gewann, wurde beauftragt und erhielt 1913 allgemein höchste Anerkennung für das fertige Werk, dessen veranschlagte Bausumme von 1,5 Millionen Mark er um knapp sieben Prozent unterschritten hatte.
Die Obere Halle des Alten Rathauses von 1405 ist ein Ort voller Sehenswürdigkeiten: vier prächtige Schiffsmodelle hängen an der Holzdecke, "segeln" über die Köpfe der Besucherinnen und Besucher. Die im Jahr 1605 eingebaute Güldenkammer gilt als "schönster Schmuck" des Rathauses. An der Nordwand der Oberen Halle erzählen großformatige Fresken und beeindruckende Gemälde Geschichte. Eines dieser Werke zeigt das "Ostersche Haus", das Hansekontor in Antwerpen. Das Ölgemälde wurde jetzt von der Wand heruntergenommen und wird in den kommenden Wochen einer umfangreichen und behutsamen Reinigung und Restaurierung unterzogen. Durchgeführt werden die Arbeiten vom Atelier Aika Schnacke | Art handled with care.
Das älteste im Rathaus erhaltene Tafelbild stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und ist ein beeindruckender Bezug Bremens zum Kaufmanns- und Städtebund der Hanse. Das 3,50 mal 3,10 Meter große Bild zeigt die mächtige Anlage im Norden Antwerpens mit der von zahlreichen Schiffen befahrenen Schelde im Hintergrund. Vor dem Haus lassen eine herrschaftliche Karosse mit livriertem Kutscher und vier steigenden Schimmeln davor zunächst an die Welt des Adels denken. Doch tatsächlich ist das Gebäude ein Haus für Kaufleute. Woher die maßgeblichen Betreiber der großen Anlage stammen, verrät schon ihr Name – sie kommen aus dem Osten und werden deshalb "Ostersche" oder "Osterlinge" genannt und ihr Haus entsprechend "Ostersches Haus" (niederländisch: Oosters Huis oder Oostelingenhuis). Mit den "Ostleuten" gemeint sind Angehörige der Hanse, weshalb das Haus auch als "Hanzehuis" und "Maison Hanséatique" bezeichnet wurde.
Die Sage von der Bremer Gluckhenne ist die berühmteste Bremer Volkssage und gilt als die Gründungslegende der Hansestadt. Demnach sahen arme Fischer auf der Suche nach einer Bleibe eine Henne, die für sich und ihren Nachwuchs vor einem Sturm Unterschlupf in einer Düne suchte. Dort ließen sich auch die Fischer nieder und bildeten damit die allererste Keimzelle des späteren Bremen.
Intim und vornehm, wie ein kleines Kabinett wirkt das Gobelinzimmer, das an den Kaminsaal angrenzt. Der Raum ist mit amerikanischem Weißholz hell und freundlich getäfelt - ein kleines, behagliches Besprechungs- und Beratungszimmer, in dem unter anderem das wöchentliche Senatsfrühstück stattfindet.
Die beiden Wandteppiche gehören zu einer Serie von acht großen Gobelins, die im frühen 17. Jahrhundert in Frankreich hergestellt wurden. Sie zeigen das Leben der Zeus-Tochter Artemis. Der Teppich, der im Gobelinzimmer verblieben ist, zeigt den Tod Otos, jenes sterblichen Jünglings aus der griechischen Mythologie, der in seinem Übermut Artemis begehrt und dafür mit dem Leben bezahlen muss.
In einer Ecke steht auf einem Sockel die Büste von Simon Bolivar, dem südamerikanischem Freiheitshelden. Ein wenig ungewöhnlich in einem Rathaus, in dem ansonsten nur Persönlichkeiten gewürdigt werden, die mit Bremen verbunden waren. Aufgestellt wurde die Büste als freundliche Geste anlässlich der 125-Jahrfeier der Unabhängigkeit Lateinamerikas.
Tradition und Innovation vereinen sich in Bremen. Das fünfte Goldene Buch besitzt einen dreiseitigen Goldschnitt und ist in rotes Leder eingebunden; damit greift es die traditionelle Symbolik der vorherigen Bücher auf. Gleichzeitig hat das Buch neue Elemente aufgenommen, die es moderner erscheinen lassen. Ein auf der Vorderseite eingearbeitetes Stück Pergament mit phantasievollen Schriftzügen weist auf den Inhalt hin - die Unterschriften der prominenten Gäste, die sich in diesem Buch eintragen und ihm seinen eigentlichen – ideellen – Wert geben. Ein besonderer und unverwechselbarer Bezug zum Weltkulturerbe Bremer Rathaus wird durch das eingelegte Kupferstück aus den Restbeständen der Dachsanierung des alten Rathauses hergestellt.
Das Goldene Buch ist in Bremen eine Tradition seit 1926. Seitdem ist eine Eintragung in das Goldene Buch der Freien Hansestadt Bremen Teil der protokollarischen Ehren, die dem Gast zuteilwerden. Unzählige prominente Gäste der Stadt haben sich mit Grußworten und Unterschriften auf diese Weise verewigt.
Mehr Informationen finden Sie hier:
https://www.rathaus.bremen.de/das-goldene-buch-1434
Hauffkeller bezeichnet einen Teil des Ratskellers, der nach Wilhelm Hauff benannt wurde. Dieser verfasste 1826 seine Novelle: Phantasien Bremer Ratskeller - ein Herbstgeschenk für Freunde des Weines.
Siehe auch:
Handel und Seefahrt haben die Hansestadt Bremen entscheidend geprägt:
Es waren Bremer Kaufleute, die hier im Schnittpunkt der wichtigsten Handelsstraßen vom Rhein zur Ostsee und von der Weser zur Nordsee die Geschicke dieser Stadt bestimmt haben. In diesem Zusammenhang steht der Aufstieg Bremens zu einer – wenn auch heimlichen – Wein- Metropole in Deutschland. Die einzigartige Bedeutung des Ratskellers ist ohne seine wechselhafte Geschichte, die sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, nicht zu verstehen.
Vom Weinkeller zum Ratskeller
Sein Name hat oft gewechselt, vom "Weinkeller" zum "Stadtweinkeller" und "Ratsweinkeller" bis hin zum "Ratskeller"; sein Ruhm, eines der ehrwürdigsten und besten deutschen Weinhandelshäuser zu sein, ist in den Jahrzehnten seines Bestehens ständig gewachsen. Heute beherbergt der Ratskeller sowohl den Ratskeller-Weinverkauf als auch einen gastronomischen Betrieb in den ehrwürdigen Hallen im Keller des Bremer Rathauses.
Prunkvolle, riesige alte Weinfässer mit üppigen Schnitzereien geben dem Hauptraum eine unverwechselbare Atmosphäre. Das älteste stammt aus dem Jahr 1723. Man sitzt an zünftigen, langen Holztischen, ordert "einen Schoppen" oder wählt aus der 60seitigen Weinkarte. Wer es intimer mag, lässt sich seinen Wein oder ein gutes Essen in einer der "Priölken" servieren - das sind kleine, halbrunde Zimmerchen, die um 1600 entstanden und einst mit Öfen gewärmt wurden.
Im sogenannten Hauff-Keller ließ sich der Dichter Wilhelm Hauff 1827 zu seiner bekannten Weinnovelle "Phantasien im Bremer Ratskeller" hinreißen. Diese haben, vermutlich unter Einfluss eines guten Tropfens, den Maler Max Slevogt zu den humorvollen Fresken angeregt, die noch heute hier die Wände schmücken. Der Hauffkeller wie auch der Bacchuskeller wurden 1620 zunächst als Weinlager gebaut, sind inzwischen aber für die Gäste geöffnet.
Mehr Informationen finden Sie auf folgenden Webseiten:
- Ratskeller Weinverkauf: https://www.ratskeller.de/
- Ratskeller Gastronomie: https://www.ratskeller-bremen.de/wir/">Ratskeller
Heinrich Vogeler (1872-1942) gestaltete Anfang des 20. Jahrhunderts die Güldenkammer im Bremer Rathaus im um. Er war ein deutscher Maler, Grafiker, Architekt, Designer, Pädagoge und Schriftsteller. Die meisten seiner Werke, so auch die Güldenkammer, sind dem reinsten Jugendstil zuzuordnen.
Siehe auch:
Güldenkammer - innen
Sich in besonderer Atmosphäre das Ja-Wort geben, ist für viele Paare ein Wunsch für diesen besonderen Tag im Leben. Das Bremer Rathaus ist solch ein besonderer Ort. Wer heiraten will, kann sich im Gobelinzimmer des Rathauses trauen lassen. Ein kleiner Sektempfang ist im Angebot enthalten. Eine persönlich gestaltete Betreuung im Vorfeld der Trauungszeremonie ist für uns selbstverständlich.
Die Trauungen finden immer freitags statt. Die Trauzeiten sind stündlich von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr.
Mehr Informationen finden Sie hier:
https://www.welterbe.bremen.de/erleben/heiraten-im-unesco-welterbe-rathaus-bremen-12475
Kurios erscheint heute das kreisrunde, kleine Zimmer, in das man vom Festsaal aus hineinschaut. Einst war es Kaiser Wilhelm II. gewidmet. An Wände unterhalb der Decke sind symbolisch die acht Kardinaltugenden dargestellt. Den gemalten Figuren sind die lateinischen Namen der Tugenden zugeordnet. Es sind die Sanftmut (Lenitas – Frau mit Lamm), die Gerechtigkeit (Justitia – Frau mit Schwert und Waage), die Bescheidenheit (Temperantia – Frau mit Wasser und Wein), der Fleiß (Diligentia – Frau mit Spindel) und die Darstellung der Fürsorge (Caritas – Frau mit Baby), die Frömmigkeit (Pietas – Frau in betender Haltung) und die weise Voraussicht oder Klugheit (Prudentia – Frau mit Spiegel und Schlange). Das einzige Bild, welches einen Mann zeigt, symbolisiert die Stärke (Fortitudo).
Siehe auch:
Festsaal
Die Wände des Senatssaals schmücken acht goldgerahmte Porträts römisch-deutscher Kaiser. Wer sie malte, ist nicht bekannt – aber der Grund, aus dem der Rat die Bilder in Auftrag gegeben hat, ist eindeutig: Sie sollten politisch-symbolisch ein Bekenntnis Bremens zum römisch-deutschen Kaiser und zur eigenen Reichsfreiheit darstellen.
Die Bilder stammen aus zwei Serien. Die erste mit insgesamt 14 Bildnissen entstand vermutlich in der Zeit zwischen 1711 und 1730. Die zweite zählt fünf weitere Porträts, die frühestens nach der Krönung Franz II. im Jahr 1792 gemalt worden sein können. Die je einheitlichen Malweisen, Beschriftungen, rückseitigen Nummerierungen beider Serien lassen vermuten, dass die Bilder "en suite", also direkt nacheinander entstanden. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal ist der Lorbeerkranz, der die dargestellten Kaiser der erste Serie umgibt.
Die Porträtierten haben je ihre eigene und sehr unterschiedliche Bedeutung für die Stadtgeschichte. Während "CAROLUS MAGNUS" als Karl der Große vor allem im Nachhinein als der Kaiser an Bremens Wiege dargestellt wurde, ist z.B. bei dem Staufer Friedrich I. ("Rotbart") sehr konkreter Einfluss auf die bremischen politischen Verhältnisse nachweisbar. 1186 beurkundete er in Gelnhausen seine Entscheidung, dass in Bremen die Regierungsgewalt allein beim Kaiser und bei der Bürgerschaft liege und dass fortan auch in Bremen die Regel zur Anwendung gelangte, nach der Leibeigene als "frei" galten, wenn sie ein Jahr und einen Tag lag unbescholten in der Stadt gelebt hatten. Ihm am Fenster gegenüber hängt der Habsburger Karl V., der Bremen ebenfalls diverse Privilegien und Rechte gewährte, so 1541 das Münzrecht, die Gerichtsbarkeit und die Ausdehnung der Regentschaft des Rates auch im außerhalb der Befestigung gelegenen bremischen Landgebiet. Dazu wurden für die Stadt günstige Handelsbestimmungen ("Stapelrechte") garantiert und ebenso die wichtige Hoheit über die Unterweser.
Doch führte Bremen auch Krieg gegen Karl V. Die Stadt war Mitglied des Schmalkaldischen Bundes, in dem protestantische Mächte vereint gegen den katholischen Kaiser und dessen Verbündete kämpften. Der Bund verlor zwar den Krieg, aber Bremen konnte 1547 durch seine gute Befestigung einer kaiserlichen Belagerung standhalten. Darüber hinaus kämpften Soldaten der Stadt anschließend in der siegreichen Schlacht bei Drakenburg, in deren Folge sämtliche kaiserliche Truppen aus Norddeutschland abzogen. Während die Gesichter Karls des Großen und Friedrichs I. aus der ersten Serie reine Fantasieproduktionen darstellen, zeigen die Bilder von Karl V. an deutliche Ähnlichkeit mit weiteren Bildnissen der Zeit und sind nach Stichen oder anderen Vorlagen entstanden. Besonders realistische Züge trägt Franz II., der jüngste der Reihe und letzte Kaiser des alten Reichs. Als dieses dem militärischen Druck Napoleons 1806 nichts mehr entgegen setzen konnte und politisch zum völligen Stillstand gekommen war, legte er die Krone ab und nannte sich fortan als Franz I. "Kaiser von Österreich". Vier weitere der insgesamt 19 Bilder hängen im Galerieflur zum Kaminsaal – die übrigen sieben sind nicht gezeigt, darunter das Porträt des Habsburgers Ferdinand III. (1637–57), während dessen Regentschaft Bremen mit dem "Linzer Diplom" im Jahr 1646 die endgültige kaiserliche Anerkennung seiner Reichsfreiheit erlangte.
Siehe auch:
Und so blieben die fünf vergoldeten Großbuchstaben "SENAT" unberührt. Doch faktisch prangten sie dort von 1933 bis 1945 inhaltsleer und damit im Grunde wie zum Hohn der durch Jahrhunderte mühsam verteidigten bremischen Freiheiten. Was für jede einzelne religiös oder politisch verfolgte Person galt, das galt auch für jedes Gemeinwesen vom Dorf bis zum besetzten
europäischen Flächenstaat: im Zugriffsbereich des menschenverachtenden NS - Systems und seinen millionenfach mordenden Vertretern gab es keinen sicheren Ort.">Senatssaal
Bevor Salzmann mit seinem Kamin-Entwurf der "Obergerichtsstube" ein repräsentatives Highlight gab, hatte in dem Raum bereits ein anderer Ofen gestanden. Mit ihm war an kalten Tagen mit der "Neuen Wittheitsstube" ein Raum von historisch hoher Bedeutung erwärmt worden. Im Mittelalter waren die Bremer Bürgermeister und Ratsherren nicht gleichzeitig im Amt, sondern sie wechselten im Turnus. Es gab zwei und zeitweise auch drei verschiedene "Regierungsteams". In besonders schwerwiegenden Fragen beriet sich der Rat gemeinsam mit den Mitgliedern, die gerade nicht im Amt ("im Eid") waren, und zum Teil kamen auch weitere Bürger dazu. Dies Gremium tagte dann als "de Wittheit", was hochdeutsch als "die Weisheit" (= Klugheit) zu übersetzen ist. Schon früh hatte es eine "Wittheitsstube" in einem nordseitigen Anbau des Alten Rathauses gegeben. Als dieser Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals verändert und erweitert wurde, nahm er auch die "Neue Wittheitsstube" auf. Sie lag rückwärtig im Bereich der nordöstlichen Seite der Oberen Halle.
Dort, wo zuvor die ältere Wittheitsstube gelegen hatte, war fortan mit der "Rhederkammer" die Stelle untergebracht, an der die öffentlichen Finanzen der Stadt verwaltet wurden. Viele Generationen später wurde 1819 das "Stadthaus" am Domshof errichtet (wo heute das Neue Rathaus steht) und in seinem Südflügel ein neuer "Senatssaal" eingerichtet. Und somit konnte aus der ehemaligen "Neuen Wittheitsstube" die "Obergerichtsstube" werden. Spätestens mit der Fertigstellung des neuen großen Bremer Gerichtsgebäudes an der Domsheide im Jahr 1895 war der Weg frei geworden zur Umnutzung der alten "Obergerichtsstube", sodass ihre Neugestaltung in Angriff genommen werden konnte.
Den Kamin entwarf Salzmann in historisierender Weser-Renaissance aus Obernkirchner Sandstein mit aufwendig gestaltetem Aufsatz an der Front. Von einem umlaufenden Gesims getrennt, befindet sich darunter eine Tafel. Rahmen und Buchstaben sind vergoldet, und der 1897 vermutlich eine historische Quelle zitierende mittelniederdeutscher Text nimmt Bezug auf die frühere Bestimmung des Ortes. Er richtete sich direkt an die Ratsmitglieder und lautet in heutigem Deutsch etwa: "Der Treue und der Weisheit sollst du dich zuneigen, damit du Gottes Hilfe gewinnen kannst. Und die Kraft deiner Klugheit soll das Beste für die (bremische) Gemeinschaft bewirken." Schon bei der Neugestaltung des Doms hatten Salzmanns Entwürfe an vielen Stellen historische Stücke harmonisch einbezogen, für den Kamin verbaute er 151 historische Fliesen. Woher die gemalten Einzelteile stammen, ist nicht überliefert. Es sind niederländische Stücke aus dem 18. Jahrhundert, deren Mehrzahl biblische Themen darstellen. Auch die auf das Jahr 1648 datierte Ofenplatte zeigt ein christliches Motiv. "Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter" ist im Neuen Testament nach Lukas (10, 25–37) überliefert und eine der bekanntesten biblischen Jesus-Erzählungen.
Ein heimeliges Feuer hat der wunderschöne Kamin aus französischem Marmor, der diesem Raum den Namen gab, noch nie gesehen. Das Schmuckstück, verziert mit Delfter Kacheln, ist reine Zierde. Doch auch ohne knisternde Flammen besticht dieser Raum durch seine elegante Ausstrahlung. Das warme, schwarzbraune Parkett, die dunkelrote Seidentapete, die weiße Stuckdecke und die festlichen Kristallleuchter sorgen für eine gediegene Atmosphäre, gerade recht für kleine Festlichkeiten und Empfänge.
Wirkungsvoll haben sich die alten Ölbilder von den roten Wandflächen ab. Auf ihnen sind Angehörige des Rates und ihre Familien aus dem 17. und 18. Jahrhundert verewigt. Gern nehmen die Gäste auf den hohen Sesseln Platz. Die Lehnen sind mit kunstvollen Lederarbeiten geschmückt, in der Mitte prangt das Wappen der Freien Hansestadt Bremen.
Lüder von Bentheim (1555 - 1613) gilt als bedeutender Architekt der Weserrenaissance. Er erhielt Anfang des 17. Jahrhunderts den Auftrag , eine neue Fassade für das alte Bremer Rathaus zu entwerfen. 1608 begannen die ersten Arbeiten für die repräsentative Schauseite des Rathauses. Es entstand ein schmuckvoller Wandteppich in eindrucksvoller Bildsprache.
Siehe auch:
Altes Rathaus
Am 1. Juni 1646 – wurde Bremen im "Linzer Diplom" von Kaiser Ferdinand III. zur unmittelbaren freien Reichsstadt erhoben – Grundlage der bis heute andauernden Bremer Unabhängigkeit.
Fünf Meter hoch ragt diese mächtige Bodenstanduhr zwischen dem mittleren und nördlichen Westfenster in die Höhe der Oberen Halle. Der Bremer Uhrmacher Georg Christoph Meybach hat sie im Auftrag des Rates 1739 aus seiner Werkstatt geliefert. Der Eichenholzkasten ist mit Nussbaum furniert und mit Schnitzwerk und Vergoldungen versehen.
Die Uhr zählt fünf Werke, die zusammen 76 Kilogramm schwer sind. Neben den Stunden, Minuten und Sekunden zeigt das Gehwerk mit einer Gangdauer von zwei Wochen das volle Datum samt Wochentag und Mondphase an. Zwei weitere Werke sind zuständig für das Schlagen der halben und vollen Stunden, für Musik sorgen das Viertelstundenglockenspielwerk mit zehn Bronzeglocken und das Große Glockenspielwerk mit 24. Die beiden Klangwerke können viele verschiedene Lieder und Märsche spielen, weshalb die Uhr, wenn alle Spielfunktionen aufgezogen und angestellt sind, die Stunde über längere Zeit Töne und Melodien von sich gibt, als ruhig im Sekundentakt zu ticken.
1903 wird ein Wettbewerb für einen Erweiterungsbau ausgeschrieben - dem Senat fehlen für gewachsene Aufgaben geeignete Räume. Alt- und Neubau sollen sich jedoch zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenfügen - keine leichte Aufgabe für einen Architekten. Gabriel von Seidl erhält 1906 den Auftrag und entwirft ein Haus, das den Vorgaben und Ansprüchen des Senats hervorragend gerecht wird. Ihm gelingt es, dem mittelalterlichen Hallenbau die Dominanz zu lassen, Altes und Neues in einen wunderbaren Einklang zu bringen. Behutsam ordnet er den dreimal so großen Neubau dem Altbau unter, verzichtet auf üppige ornamentale Ausstattung. Dezent und verhalten wirkt der Fassadenschmuck, nur sparsam werden einzelne Elemente hervorgehoben. Die Nordfassade erhält eine zweigeschossige, hervorspringende Fenstergruppe mit einem schwungvollen Giebel. Die neuen Dächer werden tiefer gelegt als das alte Kupferdach.
Siehe auch:
Gabriel von Seidl
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Altes Rathaus
Sie heißt schlicht: Die Obere Halle. Der profane Name verbirgt zunächst, dass es sich hier um Bremens schönsten, repräsentativsten Festsaal handelt. Jahrhunderte lang tagte hier der Rat der Stadt. Hier wurden Entscheidungen zum Wohle der Stadt getroffen, Verträge geschlossen, Recht gesprochen und Abgesandte anderer Länder empfangen. Die prachtvoll ausgestattete Obere Rathaushalle – schlicht Obere Halle genannt – ist Bremens schönster und repräsentativster Raum. Die Obere Halle strahlt eine beeindruckende feierliche Würde aus. Was auch immer die Faszination begründet: Dieser einzigartige Raum , einst von dem Dichter Rudolf Alexander Schröder als Heiligtum bremischen Bürgerstolzes bezeichnet, sucht seinesgleichen.
Siehe auch:
Orlogschiffe
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Güldenkammer - außen
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Güldenkammer - innen
Sollte es sich um einen verkleinerten Nachbau einer einmal wirklich vom Stapel gelaufenen und gefahrenen Fregatte entstanden sein, dann ist deren Name vergessen. Die Bezeichnung des Modells als "Bremer Wappen 1750" leitet sich ab vom Bremer Schlüssel und der Jahreszahl "1750" in dem von zwei Löwen gehaltenen Wappen, das am unteren Teil des Heckspiegels zu sehen ist. Das Schiff ist schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts im Bremer Rathaus belegt und war wie "De grote Jung" 1900 in der Deutschen Schifffahrts-Ausstellung im Rahmen der Pariser Weltausstellung zu sehen. Das Schiff hat insgesamt 62 Kanonen an Bord und am Vordersteven unter dem Bugspriet einen aufrecht stehenden Krieger mit einer Lanze in der linken Hand. Sie ersetzt ein Kurzschwert, das eigentlich zu dem Mann gehörte, ihm aber im Laufe der Zeiten abhanden gekommen ist.
Siehe auch:
Orlogschiffe
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Orlogschiff - De grote Jung (1779)
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Orlogschiff - Das Älteste
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Orlogschiff - Die Johan Swarting
Drittes Orlogschiff Das Älteste wird dies Modell genannt. 1876 wurde es vom alten Seefahrtshof der Stiftung Haus
Seefahrt aus der Hutfilterstraße zusammen mit der Johann Swarting unentgeltlich dem Staat überlassen und ins Rathaus gebracht.
Die größeren seiner 34 Kanonen sind aus Bronze und wurden in früheren Zeiten zu Schauzwecken geladen und abgefeuert. Am Heck des Schiffes fällt eine Figur auf. Es ist der Fahnenschwinger und zugleich das letzte verbliebene Besatzungsmitglied an
Bord. Vor 1969 sind noch vier weitere Seeleute belegt, aber sie gingen seither unter nicht genau geklärten Umständen verloren.
Das Älteste ist nicht datiert und könnte seiner Bauart nach frühestens aus dem späten 16. Jahrhundert stammen. Schiffsmodelle mit Figuren als Besatzung sind im Schütting jedenfalls bereits um 1600 belegt.
Siehe auch:
Orlogschiffe
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Orlogschiff - De grote Jung (1779)
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Orlogschiff - Bremer Wappen 1750
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Orlogschiff - Die Johan Swarting
Das ganz im Westen der Halle hängende Modell stammt aus dem Nachlass des Bremer Architekten Johann Georg Poppe (1837–1915), war aber bereits 1893 in die Obere Halle gelangt. Das schiffbaulich sehr gut gearbeitete Spantenmodell mit Bremer Speckflagge zeigt den Typ eines französischen oder englischen Linienschiffs des 18. Jahrhunderts und wurde 1900 auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. Seine Bewaffnung umfasst insgesamt 88 Kanonen und eine wehrhaft mit Lanze und Wappenschild dargestellte Brema als Galionsfigur.
Siehe auch:
Orlogschiffe
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Orlogschiff - Bremer Wappen 1750
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Orlogschiff - Das Älteste
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Orlogschiff - Die Johan Swarting
Viertes Orlogschiff Die Johan Swarting verdankt ihren Namen und ihre Datierung Anno 1650 der Inschrift am Heckspiegel des Schiffes. Dort prangt mit dem Doppeladler auch das Wappen der bremischen Kaufmannschaft, das die Handelskammer bei ihrer Einrichtung 1849 übernommen hat und das auch groß über dem Portal der Schüttingfassade zu sehen ist.
Vermutlich hatte die Johann Swarting ursprünglich im Haus Haus Schütting gehangen, bevor sie in den Seefahrtshof an der Hutfilterstraße gelangte. 1876 kam sie durch Schenkung in die Obere Halle. Dort ist sie mit ihren 4,40 Metern das längste der vier Schiffe. Ihr Rumpf ist nicht als Spantenbau, sondern aus massivem Eichenholz als Klotzmodell gebaut.
Das gibt dem Schiff mehr Festigkeit und ermöglicht es, dass die unmaßstäblich großen Kanonen zu besonderen Festanlässen tatsächlich geladen und abgefeuert werden konnten.
Siehe auch:
Orlogschiffe
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Orlogschiff - De grote Jung (1779)
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Orlogschiff - Bremer Wappen 1750
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Orlogschiff - Das Älteste
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Orlogschiff - Die Johan Swarting
Unter den vielen Kunstwerken und stadtgeschichtlich bedeutsamen Objekten der Oberen Rathaushalle ragen die vier in einer Linie hängenden Schiffsmodelle sowohl als Ensemble wie als einzelne Blickfänge besonders hervor. Die beiden östlichen sind deutlich älter als die zwei anderen und stammen ursprünglich aus dem Haus Schütting. Alle vier haben Kanonen an Bord und werden Orlogschiffe genannt – Oorlog ist das niederländische Wort für Krieg. Zum Schutz ihrer Handelsflotte organisierten die Hansestädte immer wieder militärisch bewaffnete Begleitschiffe. Alle vier Modelle wurden im Laufe der Zeit mehrfach restauriert und 1942 zum Schutz vor Zerstörung während der Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs ins Bremer Umland ausgelagert.
Siehe auch:
Orlogschiff - De grote Jung (1779)
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Orlogschiff - Bremer Wappen 1750
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Orlogschiff - Das Älteste
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Orlogschiff - Die Johan Swarting
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Obere Rathaushalle