Im Zuge der Neugliederung der marktseitigen Rathausfassade zu Beginn des 17. Jahrhunderts erfuhr auch die Obere Halle im Inneren eine einschneidende Veränderung: den Einbau der Güldenkammer. Ihre zweigeschossige, mehr als acht Meter hohe Fachwerkkonstruktion reicht bis unter die Decke und ist seither das beherrschende Element der fast 40 Meter langen und 13,7 Meter breiten Halle. Kunsthistorisch Interessierte müssen reichlich Zeit aufbringen, um sich durch das aus Eichenholz geschnitzte Gewimmel an Ranken, Ornamenten und Figuren zu schauen. Aus einigen Schritten Entfernung wirkt die im Laufe der Jahrhunderte gewachsene Gestaltungsvielheit dennoch als ein harmonisches Ganzes.
Der obere, zunächst offene Raum wurde lange für Zwecke des Archivs genutzt und erhielt 1849 seine später erneuerte Fensterverglasung. Durch sie hindurch lassen sich die Schiffsmodelle und die Gemälde an der Nordwand aus weiteren Blickwinkeln betrachten und die gesamte Atmosphäre der Halle von erhöhter Warte aus genießen.
Besonders effektvoll kann die Obere Güldenkammer bei Festveranstaltungen zur Geltung gebracht werden, nämlich wenn sie mit geöffneten Fenstern als Musiker:innenempore dient. Auch die Erschließung der oberen Kammer ist mit der aufwendig mit Schnitzereien geschmückten Treppe ein Kunstwerk für sich. Die Spindel, um die herum ihre Stufen steigen, ist als Säule ausgearbeitet und der Herkules auf ihrem korinthischem Kapitell ein weiterer der vielen Blickfänge der Güldenkammer.
Um sie vor den Zerstörungen der Bombenangriffe auf Bremen während des Zweiten Weltkriegs zu schützen, wurden viele Teile der Güldenkammer demontiert und ins Bremer Umland ausgelagert, darunter auch die Einrichtung inklusive der Ledertapeten der (unteren) Güldenkammer. Die elf Ölgemälde an der Außenfront z.B. überdauerten den Krieg in einem Gasthof in Jeersdorf bei Scheeßel.
An der Nord- und Westseite der Güldenkammer mahnen elf mit Gemälden illustrierte Sinnsprüche die Angehörigen von Bremens Rat in ihrer Regierung und vor allem in ihrer Rechtsprechung zu besonnenem Tun und Urteil. Vermutlich entstand zumindest ein Teil davon durch die Arbeit des Bremer Malers Jürgen Landwehr und nach Vorlagen für identische Motive im Nürnberger Rathaus. Gemäß ihres allgemeingültigen Anspruchs sind die Sprüche auf Latein verfasst.
So meint Sapientia ducit concordiam in etwa: Wenn ihr weise handelt, führt ihr damit auch Eintracht herbei. Die allegorische Figur der Eintracht (lat. Concordia) ist an dem Pfeilbündel zu erkennen und die sie führende Weisheit (Sapientia) an ihrem Handspiegel. Dieser soll die Aufforderung darstellen, die Dinge nicht nur oberflächlich zu betrachten, sondern durch besonnene (Selbst-)Reflexion so zu sehen, wie sie wirklich sind.
Über der Tür zur Güldenkammer ist unter der Justitia und dem Bremer Schlüsselwappen ein besonders stark herausforderndes Vorbildmotiv aus der Antike wiedergegeben: Das Schnitzbildnis zeigt Marcus Curtius in dem Augenblick, in dem er sich für seine Stadt opfert. Der römischen Überlieferung nach hatte sich im 4. Jahrhundert v. Chr. mitten im Forum der Stadt ein feurig-heißer Erdriss aufgetan und für Angst und Schrecken gesorgt. Die den göttlichen Willen ergründenden Auguren sagten voraus, dass Rom seinen größten Vorteil opfern müsse, erst dann wäre das Unglück gebannt. Marcus hörte dies und sprang, weil er meinte, damit könne nur Roms militärische Stärke gemeint sein, in voller Rüstung samt Pferd in die Spalte – die sich daraufhin wieder verschloss.
Vier der elf illustrierten Sinnsprüche hängen gut sichtbar entlang der langen Außenseite der Güldenkammer:
Sine respectu meint so viel wie: Ohne Ansehen (der Person und deren Stellung oder Rang – so sollst du richten). Das Bild zeigt, wie der Mächtige seinem Untergebenen das Richtschwert reicht. Damit soll gezeigt werden, dass sich alle dem Gesetz zu beugen haben und somit auch der Herrscher selbst.
Manet altera reo heißt: Das eine (Ohr des Richters) bleibt/verweilt bei dem Beklagten. Das Bild zeigt, wie sich der Richter ein Ohr zuhält, während links von ihm der Ankläger spricht. In einer alten deutschen Variante lautet die Weisheit in etwa: Eines Mannes Rede ist keines Mannes Rede, man soll sie hören alle bede [= beide].
Clementia rigorem temperet bedeutet: Milde lindere die Strenge. Gemeint ist, dass die Richtenden, auch wenn sie es mit klarstem Unrecht zu tun haben, niemals strenger urteilen sollen als notwendig. Es soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Milde als Gebot der Menschlichkeit die Entscheidungen mit zu beeinflussen hat.
Pro meritis meint: Zum Lohn für die Verdienste. Der Spruch lässt sich als Mahnung an die Regierenden verstehen, auch die Leistungen derer wahrzunehmen, über deren Lebenswelt sie bestimmen, und diese angemessen und gegebenenfalls für alle sichtbar zu würdigen.
Zwei weitere Spruchdarstellungen hängen an der westlichen Seitenwand:
Ne corrumpar heißt wörtlich übersetzt Ich möchte nicht bestochen werden. Gemeint ist die Forderung an die Richtenden, so unbestechlich zu sein, wie die erhabene Figur links im Bild: Sie wendet sich ab und verweigert somit unmissverständlich die Annahme von Geschenken, die der Kniende ihr entgegenreichen möchte.
Cum erraris muta consilium meint: Wenn dir ein Fehler unterlaufen ist, ändere deinen Entschluss. Mit anderen Worten: Gib es zu, wenn du auf dem falschen Weg warst – das passiert nicht dir allein, sondern Vielen immer wieder, und dann ist es besser, du gesteht dies ein, als dass du deine falsche Ansicht durchsetzt, nur weil sie von dir stammt.
Vier Ölgemälde sind hoch über dem Fensterband der oberen Kammer zu entdecken:
Supplicibus misericors esto bedeutet so viel wie: Gegen demütig Flehende sollst du Mitleid zeigen und barmherzig sein!
Der nächste Spruch Age quae iusta sunt ist eher als die sehr allgemein gefasste Mahnung zu lesen, wir sollten so handeln, dass unsere Taten und unsere Urteile die (ge)rechten sind (Tue, was gerecht ist.)
Delibera lente, quot decreveris urge meint: Überlege besonnen, und was du beschlossen hast, das führe tatkräftig aus.
Die letzte Tafel an der Westseite der Oberen Güldenkammer könnte ebenso gut als die erste gelten und fordert mit Juste judicato schlicht und einfach: Du sollst gerecht urteilen!
Siehe auch:
Güldenkammer - innen
,
Obere Rathaushalle
Die untere Güldenkammer ist eine der schönsten Bremer Räumlichkeiten. Der Name Güldenkammer ist viel älter als ihre heutige Gestaltung, die 1905 nach den Entwürfen Heinrich Vogelers erneuert worden war. Gülden steht für gold(-glänzend), was sich auf die schon in früheren Zeiten repräsentative Ausstattung mit gold-schimmernden Tapeten bezieht. Doch am Ende des 19. Jahrhundert war davon so wenig übriggeblieben, dass eine Sanierung des Vorhandenen sinnlos erschien. Der Auftrag für einen Neuanfang ging an den aus Bremen stammenden Worpsweder Künstler Heinrich Vogeler (1872–1942). Wer bislang noch nicht wusste, dass er ein bekannter und besonders vielseitiger Vertreter vor allem des Jugendstils war, kann es mit Blick auf die Innengestaltung der Güldenkammer schnell und unvergesslich lernen. Vogeler entwarf von den geprägten Ledertapeten, den Vertäfelungen von Wänden und Decke über den Tisch und die Stühle bis hin zu den Leuchtern, Türbeschlägen und Kaminen samt Besteck und Gitter das gesamte Interieur des Raumes in seinem beeindruckend ausgearbeiteten und fantasiereichen Stil.
Der Gestalter der Güldenkammer
Heinrich Vogeler stammte aus gutbürgerlichen Bremer Verhältnissen und verlebte seine Kindheit und Jugend als zweites von sieben Geschwistern im großen Haus der Familie Außer der Schleifmühle. Im Jahr 1890 verließ er die Stadt für ein Kunststudium in Düsseldorf. Vom Erbteil des 1894 verstorbenen Vaters konnte Vogeler den Start seines Lebens als freier Künstler finanzieren. Im selben Jahr schloss er sein von zahlreichen Reisen unterbrochenes Studium ab und zog in die Künstlerkolonie Worpswede. Unter ihren Mitgliedern war er derjenige, der am stärksten auf die neue Strömung des Jugendstils reagierte und sie seinerseits prägend beeinflusste. Seine grafischen Arbeiten, wie die Buchillustrationen zu Hugo von Hofmannsthals Der Kaiser und die Hexe (1900, siehe Abb.), zeigen bereits seinen damaligen Stil, der sich auch in der Prägung der Ledertapete in der Güldenkammer wiederfindet. Doch sein Erfolg und der große Anklang, den seine Arbeiten fanden, hinderten Vogeler nicht daran, sich künstlerisch radikal weiterzuentwickeln.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg, für den er sich freiwillig zum Einsatz meldete, hatte seine Leidenschaft für soziales Engagement begonnen, und er wurde in der Folge zum überzeugten Pazifisten. Nach 1918 beschäftigte sich Vogeler intensiv mit den Ideen der Arbeiterbewegung und versuchte, in Worpswede die sozialistische Idee durch die Errichtung einer Kommune zu leben. Künstlerisch wandte er sich dem expressionistischen Stil zu. Zwangsläufig geriet Vogeler in radikalen Widerspruch zur aufkommenden NS-Ideologie – und sein Name 1940 schließlich auf eine SS-Fahndungs- und Todesliste. Zu dieser Zeit lebte er bereits seit neun Jahren in der Sowjetunion, die er schon in den 1920er Jahren mehrfach bereist hatte. Er arbeitete in verschiedenen staatlichen Einrichtungen, wurde aber in seiner Kunst von der starren Doktrin des stalinistischen System zusehends weiter eingeschränkt und schließlich mit einem Ausstellungsverbot seiner früheren Werke belegt. Nach dem 1941 begonnenen deutschen Überfall auf die UDSSR wurde er vom sowjetischen Geheimdienst gezwungen, Moskau in Richtung Kasachstan zu verlassen. Dort musste er trotz seines fortgeschrittenen Alters schwere körperliche Arbeit leisten und war den damit verbundenen Anstrengungen vermutlich nicht gewachsen. Die Akte des Krankenhauses einer Kolchose im nordöstlichen Zentrum des heutigen Kasachstan belegt das Todesdatum des fast 70-jährigen Künstlers für den 14. Juni 1942. Die genauen Umstände von Heinrich Vogelers letzter Lebenszeit und seines Todes sind wie seine Grabstelle unbekannt.
Siehe auch:
Güldenkammer - außen
,
Obere Rathaushalle
,
Heinrich Vogeler
Die Handelsstadt Bremen litt Jahrhunderte hindurch darunter, dass die Weser immer stärker versandete und deshalb größere Schiffe nicht mehr bis in ihre Grenzen gelangen konnten. Deshalb war 1618 in Vegesack stromabwärts ein künstliches Hafenbecken angelegt worden, was aber das Problem nicht dauerhaft löste. Mehr als 200 Jahre später kam es mit der Gründung Bremerhavens an der Wesermündung 1827 zur Umsetzung einer radikalen Lösung zur Schaffung eines seeschifftiefen Hafens für den bremischen Güterumschlag. 1830 wurde die Schleuse zum fertigen Hafenbecken in Betrieb genommen und konnte das erste Seeschiff in Bremerhaven festmachen.
Mit den Jahren entwickelte sich das enorm aufwendige und maßgeblich von Bürgermeister Johann Smidt vorangetriebene Projekt zu einem großen Erfolg – und der sollte bei der Ausstattung des Neuen Rathauses mit einem Bildnis gewürdigt werden. Finanziert wurde das Ölgemälde von Bürgermeister Carl Georg Barkhausen (1848–1917). Den Auftrag erhielt Hermann Sandkuhl, ein aufstrebender Berliner Künstler mit Wurzeln in der Hansestadt.
Dort war er 1872 als Kind eines Schiffsmaklers zur Welt gekommen und bis zum Umzug der Familie nach Berlin in der Mathildenstraße aufgewachsen. In der Hauptstadt absolvierte er eine Lehre als Dekorationsmaler ("Stubenmaler") und machte sich im Laufe seiner Ausbildung an der Akademie der Künste in Berlin und dann in Stuttgart, Paris und Dresden einen guten
Namen als Kunstmaler. Sandkuhl, der im Laufe der Zeit das zweite "n" seines Vornamens fallenließ, wurde 1923 Professor
an den Berliner Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst und verstarb 1936.
Für seinen Auftrag des Bremerhavener Bildes konnte Sandkuhl 1912 nicht nach eigener Ansicht der Szene vor Ort arbeiten, denn zu seiner Zeit war Bremerhaven bereits stark industrialisiert und längst um ein Vielfaches an Hafenbecken, Schleusen, Wohn- und Industriebauten angewachsen. Um an die Anfänge Bremerhavens ("wie es sich im Jahre 1842 darstellte") zu erinnern, musste der Maler somit kreativ nach Vorlagen arbeiten.
Sandkuhl zeigt in seinem das Festtreppenhaus beherrschenden Ölbild von 2,85 mal 3,23 Metern den Blick von der Südseite der Schleuse aus den Hafen entlang. Am linken Bildrand ist das "Fort Wilhelm" zu sehen. Die Verteidigungsanlage gehörte zum Königreich Hannover, das sich beim Verkauf des Gebietes von Bremerhaven an Bremen die Hoheit über den schmalen Küstenstreifen zunächst vorbehalten hatte. In der Mitte das mit Schiffen dicht belegte Hafenbecken und rechts die
Straße "Am Hafen".
Am zweiten Podest der Treppe zur oberen Wandelhalle blickt uns zwar nicht unfreundlich, aber doch sehr konzentriert ein Mann entgegen. Es ist Liborius Diedrich Post, der wegen der sich nähernden Schritte einen Moment lang seine Schreibarbeit zu unterbrechen scheint. Vielleicht beantwortet er gerade einen Brief, vielleicht kopiert er etwas.
Post kam 1737 in Bremen zur Welt, wurde in Duisburg zum Doktor der Rechte promoviert und übernahm 1763 von seinem älteren Bruder Simon Hermann das Amt des bremischen Archivars. Seit 1776 war er Ratsherr (Senator) und 1802 Bürgermeister seiner Heimatstadt. 1808 legte er sein Amt nieder und verstarb 1822.
Das Bild entstand 1912 und ist eine der vielen Kopien des Malers Bernhard Wiegandt, mit denen er zur Ausstattung des Neuen Rathauses beauftragt worden war. Seine Vorlage war ein 1788 von Jacob Fehrmann gemaltes Porträt des damals 51-jährigen Senators, das sich in Privatbesitz befindet.
Bürgermeister Wilhelm Kaisen gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der jüngeren bremischen Geschichte. Sein Name ist unlösbar mit der Zeit des Wiederaufbaus der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Städte Bremen und Bremerhaven verbunden und ebenso mit der Wiederbegründung des Landes Bremen im Januar 1947. Von der amerikanischen Militärregierung an die Spitze der bremischen Administration gesetzt, hatte er vom 1. August 1945 an im Rathaus sämtliche Fäden des umfassenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Neu- anfangs zusammenzuhalten.
Carl Wilhelm Kaisen wurde am 22. Mai 1887 in Hamburg-Eppendorf geboren und wuchs im benachbarten Alsterdorf auf. Die siebenköpfige Familie lebte in einfachen Verhältnissen, der Vater war Maurer und später Fabrikarbeiter. Wilhelm erwies sich als begabter Schüler, doch auch wegen zu hoher Kosten zerschlug sich seine Idee, selbst Lehrer zu werden. Nach einer Zeit als Arbeiter in einer Seifenfabrik durchlief er 1905 bis 1907 eine Lehre als Stuckateur. Unterbrochen von seiner zweijährigen Militärzeit arbeitete er in diesem Beruf bis zum Ersten Weltkrieg, den er von Beginn an als Soldat in Frankreich erlebte. 1905 war Kaisen in die SPD eingetreten, erst als Schriftführer und von 1911 an als Distriktführer positiv aufgefallen und zur Parteischule nach Berlin geschickt worden. In seiner Klasse lernte er mit Helene Schweida eine engagierte und aufstrebende Bremer Sozialdemokratin und zugleich seine spätere Frau kennen. Die beiden heirateten 1916 während eines Fronturlaubs. Im November 1918 wurde Kaisen zum Soldatenrat seines Regiments gewählt und führte es zurück nach Hamburg. 1919 siedelte er nach Bremen über und arbeitete für zwei sozialdemokratische Zeitungen, zuletzt als Chefredakteur, bis er sich von 1925 an voll seiner Tätigkeit als SPD-Bürgerschaftsabgeordneter widmete. 1928 übernahm Kaisen das schwierige Amt des Wohlfahrtssenators (Soziales), das er 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor. Vom NS-System als politischer Feind angesehen und ohne jede Chance auf weitere Anstellung, wagten Wilhelm und Helene Kaisen durch Erwerb einer Siedlerstelle in Borgfeld einen beruflichen Neuanfang. Obwohl sie keinerlei landwirtschaftliche Erfahrung besaßen, gelang es ihnen auf diese Weise, das Überleben für sich und ihre inzwischen vier Kinder zu sichern.
Vom ersten Tag als Bürgermeister an zeigte sich Kaisens großes Talent zu pragmatischem Handeln. Besonders für die Frühzeit werden ihm Schlagworte zugeordnet, die seine Politik im Wiederaufbau jedoch zutreffend beschreiben: "Erst der Hafen, dann die Stadt" bezog sich darauf, mit aller Energie die Hafenwirtschaft als Schwungkraft bremischer Wertschöpfung beim Aufbau zu priorisieren. "Koalition aus Arbeiterschaft und Kaufmannschaft" galt seiner politischen Maxime, alle Kräfte in der Stadt zu politisch zu bündeln, und seiner in der Bremer SPD nicht unumstrittenen Praxis, trotz eigener absoluter Mehrheit Vertreter von CDU und FDP in den Senat zu integrieren. Wegen seiner persönlich bescheidenen Lebensweise und seiner offenen, gradlinigen Art wurde Kaisens unorthodoxe, mitunter autokratische Amtsführung insgesamt toleriert. Kaisen blieb glaubhaft, wenn er öffentlich schlicht und einfach ankündigte, dass er als Präsident des Senats garantiere, dem "Wohl der Gesamtheit" zu dienen und danach suche "das Beste, das allgemeine Beste, herauszufinden".
Kaisen engagierte sich auch sehr für die deutsche Politik und deren schwieriger Gestaltung unter der Hoheit der Alliierten Besatzungsmächte. Für Februar und Oktober 1946 lud er die Spitzen der provisorischen deutschen Verwaltungen (erfolglos auch die der sowjetisch-besetzten) zu "Interzonenkonferenzen" in die Stadt, und nach Gründung der Bundesrepublik 1949 zählte Kaisens Stimme auch bei den süddeutschen Ministerpräsidenten. Nicht nur dem Land Bremen nutzte sein Einsatz für die schnelle Aufhebung der Schiffbaubeschränkungen in den westlichen Besatzungszonen.
1965 trat Kaisen hochgeehrt aus dem Senat aus und widmete sich wieder voll seinem Borgfelder Hof, auf dem seine Frau und er die Landwirtschaft nie aufgegeben hatten. Helene Kaisen, die ihrem Mann auch engste politische Vertraute war, verstarb am 6. September 1973. Ilse Kaisen, die älteste Tochter (1923–2013), widmete ihr Leben fortan ganz dem Haushalt und der Pflege ihres am 19. Dezember 1979 verstobenen Vaters. Gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder Franz initiierte sie 1995 die Gründung der Wilhelm und Helene Kaisen-Stiftung, in die sie den Borgfelder Hof der Familie einbrachten. Die Stiftung richtete erst die Scheune und dann das Wohnhaus der Familie als Dokumentationsstätte und Museum zum Leben und Wirken der Kaisens her. Doch wer sich heute darin umschaut (Rethfeldsfleet 9, www.wilhelm-helene-kaisen-stiftung.de), erfährt viel mehr als nur eine Würdigung beeindruckender Lebensleistungen – wissenschaftlich akkurat und mit liebevollem Anspruch bis ins Detail gleichermaßen aufbereitet, wird dort generationsübergreifende deutsche und bremische Geschichte vom Kaiserreich bis heute modern und anschaulich präsentiert.
Siehe auch:
Wandelhalle
Dies älteste im Rathaus erhaltene Tafelbild zeigt das "Ostersche Haus". Es stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das 3,5 mal 3,1 Meter große Bild zeigt die mächtige Anlage im Norden Antwerpens mit der von zahlreichen Schiffen befahrenen Schelde im Hintergrund. Vor dem Haus lassen eine herrschaftliche Karosse mit livriertem Kutscher und vier steigenden Schimmeln davor zunächst an die Welt des Adels denken. Doch tatsächlich ist das Gebäude ein Haus für Kaufleute. Woher die maßgeblichen Betreiber der großen Anlage stammen, verrät schon ihr Name – sie kommen aus dem Osten und werden deshalb "Ostersche" oder "Osterlinge" genannt und ihr Haus entsprechend "Ostersches Haus" (niederländisch: Oosters Huis oder Oostelingenhuis). Mit den "Ostleuten" gemeint sind Angehörige der Hanse, weshalb das Haus auch als "Hanzehuis" und "Maison Hanséatique" bezeichnet wird. Doch die Namen sind älter als das Gebäude.
Bereits seit 1442 hatte die Hanse ein "Haus der Osterlinge" in der Stadt Brügge, ihren Sitz von dort aber im 16. Jahrhundert wegen der besseren Schiffbarkeit der Schelde nach Antwerpen verlegt. In der 1569 ganz fertig gestellten, 80 mal 62 Meter großen Anlage mit 55 Meter hohem Turm war Platz für Waren, Wohnungen und für das Kontorsektretariat. Vermutlich entstand dieses einzigartige Bild, von dem lediglich bekannt ist, dass es schon 1730 im Bremer Rathaus hing, nicht lange nach dem Bezug des weitläufigen Komplexes. Aber die große Investition der Hansestädte war kein Erfolg, denn schon wenige Jahre später wurde das Hansehaus im Rahmen des spanischniederländischen Krieges 1576 geplündert. Schon vorher war es kaum zu Handelszwecken genutzt worden, sondern hatte vielfach als Kaserne und Militärmagazin gedient. Doch zu dieser Zeit fiel Antwerpen in seiner wirtschaftlichen Bedeutung ohnehin schlagartig hinter das aufstrebende Amsterdam zurück. Von 1621 an diente der große Komplex als Krankenhaus, später als Getreidespeicher und wurde 1863 von Lübeck, Bremen und Hamburg als den drei Sachwalterinnen des Hanseerbes verkauft. 1893 brannte das Ostersche Haus aus und wurde abgerissen.
2006 bis 2011 errichtete die Stadt Antwerpen an dieser besonderen Stelle ihres alten Hafenquartiers den beeindruckenden Bau für ihr "MAS", das "Museum aan de Stroom" (= Museum am Fluss). Auf jeder Etage des 60 Meter hohen Gebäudes gibt es Antwerpener Geschichte(n) zu den historischen und aktuellen Verbindungen der Stadt in die ganze Welt zu erleben.
Kaum ist das Neue Rathaus betreten, versetzt dies Bild seine Betrachter:innen zurück auf den Domshof und in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Aus östlicher Richtung gesehen zeigt es den Blick auf den Vorgängerbau des Neuen Rathauses, das 1819 fertiggestellte "Stadthaus". Zuvor hatte an der Stelle des klassizistischen Baus das im 14. Jahrhundert als bischöfliche Residenz errichtete "Palatium" gestanden. Für den Bau des Neuen Rathauses wurde das Stadthaus 1909 abgerissen.
Das Ölgemälde stammt von Bernhard Wiegandt (1851–1918) aus dem Jahr 1913. Der Maler unterrichtete auch und war erster Lehrer der aus Bremen stammenden Worpsweder Malerin Paula Modersohn-Becker. Für sein Bild am unteren Podest des Treppenaufgangs zur oberen Wandelhalle kopierte er einen Stahlstich mit dem Titel "Das Stadthaus am Domshof in Bremen". Dessen Vorlage wiederum war eine Zeichnung von Julius Gottheil, der in den 1850er Jahren mehrere Bremer Ansichten anfertigte. Ein ebenso treffendes wie schönes Detail ist ganz links im Bild zu sehen: Es ist der vollbeladene Heuwagen direkt am Dom und erklärt damit den historischen Namen des Platzes "Grasmarkt".
Das 1669 vom Bremer Rat (= Senat) in Auftrag gegebene Ölgemälde zeigt einen Zwergwal in der Originalgröße des dargestellten Exemplars. Frantz Wulfhagen malte das Tier und Arend Landwehr die goldenen Buchstaben des Erläuterungstextes darunter.
Anlass des Auftrags war die Sensation, dass sich am 8. Mai des Jahres ein Wal dieser Größe die Weser hinauf und in die Lesum hinein verirrt hatte. Das Bild zeigt ihn am linken Ufer und damit auf der bremischen Seite liegend. Das von Bremer Seite beschossene Tier war wohl zunächst am rechten, unter schwedischer Verwaltung stehenden Ufer der Lesum gestrandet. Es soll sich dann aber noch einmal von dort losgeworfen haben, bevor es endgültig am linken Ufer erlegt wurde. Die schwedische Regierung in Stade forderte zumindest die Übergabe des Skeletts, aber am Ende behielten die Bremer beides: das wertvolle, zu Tran und damit zu Lampenöl verkochbare Walfett und die Knochen als besondere naturkundliche Rarität.
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Hinter der an Land gebrachten Trophäe im Vordergrund stellte Wolers rechts im Bild mit dunklen Wolken und aufgewühltem Meer die bedrohliche Macht der Natur dar. Warmes Sonnenlicht lässt er dagegen auf die links im Hintergrund zu sehende Stadtsilhouette fallen und deutet so den gelungenen Fang als von Menschenhand errungenen Sieg gegen die wilde und gefährliche Gewalt der See.
Dem Text unter dem Bild folgend, war das Tier insgesamt 17,5 Fuß lang, was etwa fünf Metern entspricht, und wer einen Größenvergleich sucht, wende sich links zur Meybach-Uhr, die misst exakt 4,99 Meter Höhe.
1965 war das 3,70 mal 2,43 Meter große und fast 80 Kilogramm schwere Bild zusammen mit dem etwa zehn Meter messenden Zwergwal-Gemälde abgehängt worden und ins Überseemuseum gelangt. Nach einer aufwendigen Restaurierung hängt "Der Schwertfisch" seit 2012 wieder nahe seinem alten Platz an der Nordwand der Oberen Halle.">Gemälde "Der Schwertfisch"
Die "Bremen" am 12. April 1928 über dem offenen Meer auf dem Weg von Europa nach Nordamerika. Während Charles Lindbergh bei seinem Alleinflug im Jahr zuvor mit dem Wind von West nach Ost fliegen konnte, mussten die Piloten in ihrer Junkers W 33 in der Gegenrichtung teilweise extrem schlechtes Wetter und technische Schwierigkeiten über-winden. Alexander Kircher hat mit einer drohend dunklen Wand aus Wolken und Regen vor dem Flugzeug die Gefahren der Unternehmung dargestellt, doch hinter ihr deutet helles Licht den späteren Erfolg an.
Das Gemälde des vielbeschäftigten Berliner Marine- und Landschaftsmalers Alexander Kircher (1867–1939) gelangte 1932 durch Schenkung ins Bremer Rathaus. Für den Ankauf des ohne Rahmen 116 x 197 cm großen Bildes war vom Bremer Kaufmann Paul Barckhan eine Sammlung veranstaltet worden. Dass Bremer Privatleute sich für ein Geschenk zur Ausstattung des Rathauses zusammentun, ist an sich nichts besonderes, aber der Anlass war mit dem dargestellten Flug der Junkers W 33 "Bremen" eine gefeierte Weltsensation: Die erste Überquerung des Atlantiks per Flugzeug in ost-westlicher Richtung.
Die Maschine war am 12. April 1928 in Irland gestartet und nach 36-stündigem Flug auf der Insel Greenly Island im kanadischen Sankt-Lorenz-Golf gelandet. Zur dreiköpfigen Besatzung gehörten die Piloten Hermann Köhl und James C. Fitzmaurice und der Werbeleiter des Norddeutschen Lloyds, Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld.
Die Vorgeschichte des Erfolges hatte im Mai 1927 im Nachklang von Charles Lindberghs erstem Alleinflug über den Atlantik in West-Ost-Richtung Wandelhalle begonnen: Beeindruckt von der enormen weltweiten Begeisterung, die Lindbergh ausgelöst hatte, wollte von Hünefeld im August des Jahres mit zwei Flugzeugen die schwierigere Gegenrichtung bewältigen und auf diese Weise zugleich für die beiden geplanten Großschiffbauten seiner Reederei werben. Die bereits auf Kiel gelegten NDL-Ozeanriesen für den Transatlantikverkehr sollten "Bremen" und "Europa" heißen – und so wurden auch die beiden Flugzeuge benannt. Doch der zu großen Teilen von der Reederei finanzierte Rekordversuch scheiterte im August 1927: Die "Bremen" (D-1167) musste wegen schlechten Wetters umkehren, und die "Europa" (D-1197) entging nach einem Motorschaden und anschließender Bruchlandung mit noch vollen Treibstofftanks auf dem Bremer Flughafen nur knapp der Katastrophe. Es waren damals nicht die einzigen europäischen Fehlversuche, und die Begeisterung für das Projekt ging auch in Bremen zurück. Von Hünefeld hatte Mühen, den erneuten und dann erfolgreichen Pionierflug zu organisieren, diesmal aber nicht mehr mit zwei Maschinen, sondern nur noch mit der "Bremen", die dann die Rekordstrecke meisterte.
Schon bei ihrer Ankunft in New York und noch Wochen später in weiteren Städten der USA wurden die drei "Ozeanflieger" begeistert mit Konfettiparaden gefeiert. Auf ihrer Rückreise an Bord des NDL-Liners "Columbus" kamen Tausende am 18. Juni zur Bremerhavener Kaiserschleuse um die Rückkehrer zu begrüßen. Am nächsten Tag ging die Fahrt in einem offenen Achtzylinder des Bremer Autoherstellers "Hansa Lloyd" durch die von Schaulustigen breit gesäumten Bremer Straßen der Innenstadt bis zum Marktplatz. Überall standen die Menschen dicht gedrängt und bejubelten die drei Männer auf ihrem Weg zum Senatsempfang in der Oberen Halle des Alten Rathauses.
Die Obere Halle des Alten Rathauses von 1405 ist ein Ort voller Sehenswürdigkeiten: vier prächtige Schiffsmodelle hängen an der Holzdecke, "segeln" über die Köpfe der Besucherinnen und Besucher. Die im Jahr 1605 eingebaute Güldenkammer gilt als "schönster Schmuck" des Rathauses. An der Nordwand der Oberen Halle erzählen großformatige Fresken und beeindruckende Gemälde Geschichte. Eines dieser Werke zeigt das "Ostersche Haus", das Hansekontor in Antwerpen. Das Ölgemälde wurde jetzt von der Wand heruntergenommen und wird in den kommenden Wochen einer umfangreichen und behutsamen Reinigung und Restaurierung unterzogen. Durchgeführt werden die Arbeiten vom Atelier Aika Schnacke | Art handled with care.
Das älteste im Rathaus erhaltene Tafelbild stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und ist ein beeindruckender Bezug Bremens zum Kaufmanns- und Städtebund der Hanse. Das 3,50 mal 3,10 Meter große Bild zeigt die mächtige Anlage im Norden Antwerpens mit der von zahlreichen Schiffen befahrenen Schelde im Hintergrund. Vor dem Haus lassen eine herrschaftliche Karosse mit livriertem Kutscher und vier steigenden Schimmeln davor zunächst an die Welt des Adels denken. Doch tatsächlich ist das Gebäude ein Haus für Kaufleute. Woher die maßgeblichen Betreiber der großen Anlage stammen, verrät schon ihr Name – sie kommen aus dem Osten und werden deshalb "Ostersche" oder "Osterlinge" genannt und ihr Haus entsprechend "Ostersches Haus" (niederländisch: Oosters Huis oder Oostelingenhuis). Mit den "Ostleuten" gemeint sind Angehörige der Hanse, weshalb das Haus auch als "Hanzehuis" und "Maison Hanséatique" bezeichnet wurde.
Die Sage von der Bremer Gluckhenne ist die berühmteste Bremer Volkssage und gilt als die Gründungslegende der Hansestadt. Demnach sahen arme Fischer auf der Suche nach einer Bleibe eine Henne, die für sich und ihren Nachwuchs vor einem Sturm Unterschlupf in einer Düne suchte. Dort ließen sich auch die Fischer nieder und bildeten damit die allererste Keimzelle des späteren Bremen.
Intim und vornehm, wie ein kleines Kabinett wirkt das Gobelinzimmer, das an den Kaminsaal angrenzt. Der Raum ist mit amerikanischem Weißholz hell und freundlich getäfelt - ein kleines, behagliches Besprechungs- und Beratungszimmer, in dem unter anderem das wöchentliche Senatsfrühstück stattfindet.
Die beiden Wandteppiche gehören zu einer Serie von acht großen Gobelins, die im frühen 17. Jahrhundert in Frankreich hergestellt wurden. Sie zeigen das Leben der Zeus-Tochter Artemis. Der Teppich, der im Gobelinzimmer verblieben ist, zeigt den Tod Otos, jenes sterblichen Jünglings aus der griechischen Mythologie, der in seinem Übermut Artemis begehrt und dafür mit dem Leben bezahlen muss.
In einer Ecke steht auf einem Sockel die Büste von Simon Bolivar, dem südamerikanischem Freiheitshelden. Ein wenig ungewöhnlich in einem Rathaus, in dem ansonsten nur Persönlichkeiten gewürdigt werden, die mit Bremen verbunden waren. Aufgestellt wurde die Büste als freundliche Geste anlässlich der 125-Jahrfeier der Unabhängigkeit Lateinamerikas.
Tradition und Innovation vereinen sich in Bremen. Das fünfte Goldene Buch besitzt einen dreiseitigen Goldschnitt und ist in rotes Leder eingebunden; damit greift es die traditionelle Symbolik der vorherigen Bücher auf. Gleichzeitig hat das Buch neue Elemente aufgenommen, die es moderner erscheinen lassen. Ein auf der Vorderseite eingearbeitetes Stück Pergament mit phantasievollen Schriftzügen weist auf den Inhalt hin - die Unterschriften der prominenten Gäste, die sich in diesem Buch eintragen und ihm seinen eigentlichen – ideellen – Wert geben. Ein besonderer und unverwechselbarer Bezug zum Weltkulturerbe Bremer Rathaus wird durch das eingelegte Kupferstück aus den Restbeständen der Dachsanierung des alten Rathauses hergestellt.
Das Goldene Buch ist in Bremen eine Tradition seit 1926. Seitdem ist eine Eintragung in das Goldene Buch der Freien Hansestadt Bremen Teil der protokollarischen Ehren, die dem Gast zuteilwerden. Unzählige prominente Gäste der Stadt haben sich mit Grußworten und Unterschriften auf diese Weise verewigt.
Mehr Informationen finden Sie hier:
https://www.rathaus.bremen.de/das-goldene-buch-1434
Hauffkeller bezeichnet einen Teil des Ratskellers, der nach Wilhelm Hauff benannt wurde. Dieser verfasste 1826 seine Novelle: Phantasien Bremer Ratskeller - ein Herbstgeschenk für Freunde des Weines.
Siehe auch:
Handel und Seefahrt haben die Hansestadt Bremen entscheidend geprägt:
Es waren Bremer Kaufleute, die hier im Schnittpunkt der wichtigsten Handelsstraßen vom Rhein zur Ostsee und von der Weser zur Nordsee die Geschicke dieser Stadt bestimmt haben. In diesem Zusammenhang steht der Aufstieg Bremens zu einer – wenn auch heimlichen – Wein- Metropole in Deutschland. Die einzigartige Bedeutung des Ratskellers ist ohne seine wechselhafte Geschichte, die sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, nicht zu verstehen.
Vom Weinkeller zum Ratskeller
Sein Name hat oft gewechselt, vom "Weinkeller" zum "Stadtweinkeller" und "Ratsweinkeller" bis hin zum "Ratskeller"; sein Ruhm, eines der ehrwürdigsten und besten deutschen Weinhandelshäuser zu sein, ist in den Jahrzehnten seines Bestehens ständig gewachsen. Heute beherbergt der Ratskeller sowohl den Ratskeller-Weinverkauf als auch einen gastronomischen Betrieb in den ehrwürdigen Hallen im Keller des Bremer Rathauses.
Prunkvolle, riesige alte Weinfässer mit üppigen Schnitzereien geben dem Hauptraum eine unverwechselbare Atmosphäre. Das älteste stammt aus dem Jahr 1723. Man sitzt an zünftigen, langen Holztischen, ordert "einen Schoppen" oder wählt aus der 60seitigen Weinkarte. Wer es intimer mag, lässt sich seinen Wein oder ein gutes Essen in einer der "Priölken" servieren - das sind kleine, halbrunde Zimmerchen, die um 1600 entstanden und einst mit Öfen gewärmt wurden.
Im sogenannten Hauff-Keller ließ sich der Dichter Wilhelm Hauff 1827 zu seiner bekannten Weinnovelle "Phantasien im Bremer Ratskeller" hinreißen. Diese haben, vermutlich unter Einfluss eines guten Tropfens, den Maler Max Slevogt zu den humorvollen Fresken angeregt, die noch heute hier die Wände schmücken. Der Hauffkeller wie auch der Bacchuskeller wurden 1620 zunächst als Weinlager gebaut, sind inzwischen aber für die Gäste geöffnet.
Mehr Informationen finden Sie auf folgenden Webseiten:
- Ratskeller Weinverkauf: https://www.ratskeller.de/
- Ratskeller Gastronomie: https://www.ratskeller-bremen.de/wir/">Ratskeller
Heinrich Vogeler (1872-1942) gestaltete Anfang des 20. Jahrhunderts die Güldenkammer im Bremer Rathaus im um. Er war ein deutscher Maler, Grafiker, Architekt, Designer, Pädagoge und Schriftsteller. Die meisten seiner Werke, so auch die Güldenkammer, sind dem reinsten Jugendstil zuzuordnen.
Siehe auch:
Güldenkammer - innen
Sich in besonderer Atmosphäre das Ja-Wort geben, ist für viele Paare ein Wunsch für diesen besonderen Tag im Leben. Das Bremer Rathaus ist solch ein besonderer Ort. Wer heiraten will, kann sich im Gobelinzimmer des Rathauses trauen lassen. Ein kleiner Sektempfang ist im Angebot enthalten. Eine persönlich gestaltete Betreuung im Vorfeld der Trauungszeremonie ist für uns selbstverständlich.
Die Trauungen finden immer freitags statt. Die Trauzeiten sind stündlich von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr.
Mehr Informationen finden Sie hier:
https://www.welterbe.bremen.de/erleben/heiraten-im-unesco-welterbe-rathaus-bremen-12475
Kurios erscheint heute das kreisrunde, kleine Zimmer, in das man vom Festsaal aus hineinschaut. Einst war es Kaiser Wilhelm II. gewidmet. An Wände unterhalb der Decke sind symbolisch die acht Kardinaltugenden dargestellt. Den gemalten Figuren sind die lateinischen Namen der Tugenden zugeordnet. Es sind die Sanftmut (Lenitas – Frau mit Lamm), die Gerechtigkeit (Justitia – Frau mit Schwert und Waage), die Bescheidenheit (Temperantia – Frau mit Wasser und Wein), der Fleiß (Diligentia – Frau mit Spindel) und die Darstellung der Fürsorge (Caritas – Frau mit Baby), die Frömmigkeit (Pietas – Frau in betender Haltung) und die weise Voraussicht oder Klugheit (Prudentia – Frau mit Spiegel und Schlange). Das einzige Bild, welches einen Mann zeigt, symbolisiert die Stärke (Fortitudo).
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Festsaal
Die Wände des Senatssaals schmücken acht goldgerahmte Porträts römisch-deutscher Kaiser. Wer sie malte, ist nicht bekannt – aber der Grund, aus dem der Rat die Bilder in Auftrag gegeben hat, ist eindeutig: Sie sollten politisch-symbolisch ein Bekenntnis Bremens zum römisch-deutschen Kaiser und zur eigenen Reichsfreiheit darstellen.
Die Bilder stammen aus zwei Serien. Die erste mit insgesamt 14 Bildnissen entstand vermutlich in der Zeit zwischen 1711 und 1730. Die zweite zählt fünf weitere Porträts, die frühestens nach der Krönung Franz II. im Jahr 1792 gemalt worden sein können. Die je einheitlichen Malweisen, Beschriftungen, rückseitigen Nummerierungen beider Serien lassen vermuten, dass die Bilder "en suite", also direkt nacheinander entstanden. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal ist der Lorbeerkranz, der die dargestellten Kaiser der erste Serie umgibt.
Die Porträtierten haben je ihre eigene und sehr unterschiedliche Bedeutung für die Stadtgeschichte. Während "CAROLUS MAGNUS" als Karl der Große vor allem im Nachhinein als der Kaiser an Bremens Wiege dargestellt wurde, ist z.B. bei dem Staufer Friedrich I. ("Rotbart") sehr konkreter Einfluss auf die bremischen politischen Verhältnisse nachweisbar. 1186 beurkundete er in Gelnhausen seine Entscheidung, dass in Bremen die Regierungsgewalt allein beim Kaiser und bei der Bürgerschaft liege und dass fortan auch in Bremen die Regel zur Anwendung gelangte, nach der Leibeigene als "frei" galten, wenn sie ein Jahr und einen Tag lag unbescholten in der Stadt gelebt hatten. Ihm am Fenster gegenüber hängt der Habsburger Karl V., der Bremen ebenfalls diverse Privilegien und Rechte gewährte, so 1541 das Münzrecht, die Gerichtsbarkeit und die Ausdehnung der Regentschaft des Rates auch im außerhalb der Befestigung gelegenen bremischen Landgebiet. Dazu wurden für die Stadt günstige Handelsbestimmungen ("Stapelrechte") garantiert und ebenso die wichtige Hoheit über die Unterweser.
Doch führte Bremen auch Krieg gegen Karl V. Die Stadt war Mitglied des Schmalkaldischen Bundes, in dem protestantische Mächte vereint gegen den katholischen Kaiser und dessen Verbündete kämpften. Der Bund verlor zwar den Krieg, aber Bremen konnte 1547 durch seine gute Befestigung einer kaiserlichen Belagerung standhalten. Darüber hinaus kämpften Soldaten der Stadt anschließend in der siegreichen Schlacht bei Drakenburg, in deren Folge sämtliche kaiserliche Truppen aus Norddeutschland abzogen. Während die Gesichter Karls des Großen und Friedrichs I. aus der ersten Serie reine Fantasieproduktionen darstellen, zeigen die Bilder von Karl V. an deutliche Ähnlichkeit mit weiteren Bildnissen der Zeit und sind nach Stichen oder anderen Vorlagen entstanden. Besonders realistische Züge trägt Franz II., der jüngste der Reihe und letzte Kaiser des alten Reichs. Als dieses dem militärischen Druck Napoleons 1806 nichts mehr entgegen setzen konnte und politisch zum völligen Stillstand gekommen war, legte er die Krone ab und nannte sich fortan als Franz I. "Kaiser von Österreich". Vier weitere der insgesamt 19 Bilder hängen im Galerieflur zum Kaminsaal – die übrigen sieben sind nicht gezeigt, darunter das Porträt des Habsburgers Ferdinand III. (1637–57), während dessen Regentschaft Bremen mit dem "Linzer Diplom" im Jahr 1646 die endgültige kaiserliche Anerkennung seiner Reichsfreiheit erlangte.
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Und so blieben die fünf vergoldeten Großbuchstaben "SENAT" unberührt. Doch faktisch prangten sie dort von 1933 bis 1945 inhaltsleer und damit im Grunde wie zum Hohn der durch Jahrhunderte mühsam verteidigten bremischen Freiheiten. Was für jede einzelne religiös oder politisch verfolgte Person galt, das galt auch für jedes Gemeinwesen vom Dorf bis zum besetzten
europäischen Flächenstaat: im Zugriffsbereich des menschenverachtenden NS - Systems und seinen millionenfach mordenden Vertretern gab es keinen sicheren Ort.">Senatssaal
Bevor Salzmann mit seinem Kamin-Entwurf der "Obergerichtsstube" ein repräsentatives Highlight gab, hatte in dem Raum bereits ein anderer Ofen gestanden. Mit ihm war an kalten Tagen mit der "Neuen Wittheitsstube" ein Raum von historisch hoher Bedeutung erwärmt worden. Im Mittelalter waren die Bremer Bürgermeister und Ratsherren nicht gleichzeitig im Amt, sondern sie wechselten im Turnus. Es gab zwei und zeitweise auch drei verschiedene "Regierungsteams". In besonders schwerwiegenden Fragen beriet sich der Rat gemeinsam mit den Mitgliedern, die gerade nicht im Amt ("im Eid") waren, und zum Teil kamen auch weitere Bürger dazu. Dies Gremium tagte dann als "de Wittheit", was hochdeutsch als "die Weisheit" (= Klugheit) zu übersetzen ist. Schon früh hatte es eine "Wittheitsstube" in einem nordseitigen Anbau des Alten Rathauses gegeben. Als dieser Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals verändert und erweitert wurde, nahm er auch die "Neue Wittheitsstube" auf. Sie lag rückwärtig im Bereich der nordöstlichen Seite der Oberen Halle.
Dort, wo zuvor die ältere Wittheitsstube gelegen hatte, war fortan mit der "Rhederkammer" die Stelle untergebracht, an der die öffentlichen Finanzen der Stadt verwaltet wurden. Viele Generationen später wurde 1819 das "Stadthaus" am Domshof errichtet (wo heute das Neue Rathaus steht) und in seinem Südflügel ein neuer "Senatssaal" eingerichtet. Und somit konnte aus der ehemaligen "Neuen Wittheitsstube" die "Obergerichtsstube" werden. Spätestens mit der Fertigstellung des neuen großen Bremer Gerichtsgebäudes an der Domsheide im Jahr 1895 war der Weg frei geworden zur Umnutzung der alten "Obergerichtsstube", sodass ihre Neugestaltung in Angriff genommen werden konnte.
Den Kamin entwarf Salzmann in historisierender Weser-Renaissance aus Obernkirchner Sandstein mit aufwendig gestaltetem Aufsatz an der Front. Von einem umlaufenden Gesims getrennt, befindet sich darunter eine Tafel. Rahmen und Buchstaben sind vergoldet, und der 1897 vermutlich eine historische Quelle zitierende mittelniederdeutscher Text nimmt Bezug auf die frühere Bestimmung des Ortes. Er richtete sich direkt an die Ratsmitglieder und lautet in heutigem Deutsch etwa: "Der Treue und der Weisheit sollst du dich zuneigen, damit du Gottes Hilfe gewinnen kannst. Und die Kraft deiner Klugheit soll das Beste für die (bremische) Gemeinschaft bewirken." Schon bei der Neugestaltung des Doms hatten Salzmanns Entwürfe an vielen Stellen historische Stücke harmonisch einbezogen, für den Kamin verbaute er 151 historische Fliesen. Woher die gemalten Einzelteile stammen, ist nicht überliefert. Es sind niederländische Stücke aus dem 18. Jahrhundert, deren Mehrzahl biblische Themen darstellen. Auch die auf das Jahr 1648 datierte Ofenplatte zeigt ein christliches Motiv. "Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter" ist im Neuen Testament nach Lukas (10, 25–37) überliefert und eine der bekanntesten biblischen Jesus-Erzählungen.
Ein heimeliges Feuer hat der wunderschöne Kamin aus französischem Marmor, der diesem Raum den Namen gab, noch nie gesehen. Das Schmuckstück, verziert mit Delfter Kacheln, ist reine Zierde. Doch auch ohne knisternde Flammen besticht dieser Raum durch seine elegante Ausstrahlung. Das warme, schwarzbraune Parkett, die dunkelrote Seidentapete, die weiße Stuckdecke und die festlichen Kristallleuchter sorgen für eine gediegene Atmosphäre, gerade recht für kleine Festlichkeiten und Empfänge.
Wirkungsvoll haben sich die alten Ölbilder von den roten Wandflächen ab. Auf ihnen sind Angehörige des Rates und ihre Familien aus dem 17. und 18. Jahrhundert verewigt. Gern nehmen die Gäste auf den hohen Sesseln Platz. Die Lehnen sind mit kunstvollen Lederarbeiten geschmückt, in der Mitte prangt das Wappen der Freien Hansestadt Bremen.